Louis Manke von Staubkind

Jarwin: Meine erste Begegnung mit Staubkind war 2006 in Hof. Ich weiß nicht ob du dich da noch dran erinnern kannst?
L.M.: Oh ja, das war das Franken- Schwarz- Festival und wir haben vergessen unsere Hotelschlüssel abzuholen, dann hatten wir nämlich kein Hotel.

Jarwin: Der Auftritt ist mir wegen dem Selig- Cover „Ohne dich“ im Gedächtnis geblieben. Gibt’s das heut auch wieder?
L.M.: ja, das gibt es heute auch wieder zu hören .

Jarwin: Seitdem hat sich aber einiges getan bei Staubkind. Und dieses Jahr war durch die Unheilig-Tour vermutlich das erfolgreichste. Wie kam die Verbindung zustande?
L.M.: Wir sind mit dem Grafen schon seit Anfang an bekannt und haben unser allererstes Konzert in Basel mit ihm gegeben. Auf der Ultimate Joice-Tour habe ich dann schon angefangen das erste Staubkind-Album zu schreiben, auf einem ganz alten Laptop. Das haben sowohl der Graf als auch Henning mitbekommen und noch ein paar Tipps gegeben. Von da an hat der Graf unsere musikalische Arbeit verfolgt und man ist sich immer wieder über den Weg gelaufen bei Festivals. Bei Traumfänger haben wir dann auch zusammen gearbeitet. Und als es beim Grafen dann immer mehr bergauf ging hat er uns auch immer wieder mit eingeladen. Dann haben wir die Unheilig und Friends Tour im Jahr 2009 mitgemacht. Wir waren da seit langer Zeit wieder auf einer so großen Bühne gestanden. 2011 kam dann der Anruf, dass in Heilbronn auf seiner „Heimreise-Tour“ eine Vorband ausgefallen ist. Mittwoch rief das Management an ob wir Samstag Lust hätten. Klar sind wir dann da hingefahren, haben dann vor 10000 Leuten gespielt und waren völlig aufgeregt. Es war dann aber so gut, dass die Leute sogar mitgesungen und das so toll aufgenommen haben. So dass sie uns gefragt haben ob wir die „Lichter der Stadt- Tour“ mitfahren wollen. So ist es dann entstanden. Es ist auch so, dass sich der Graf trotz des ganzen Erfolgs nicht verändert hat. Er ist immer noch der Gleiche wir vorher. Wir sind auch die ganze Tour über super behandelt, wie eine große Familie. Das technische Material war natürlich vom Feinsten. Wir sind echt super supportet worden.

Jarwin: Deine neue CD hat eingeschlagen wie eine Bombe. Gab es da, ähnlich wie bei Unheilig, Neider, die versucht haben den Erfolg madig zu machen?
L.M.: Wir haben mit mehr gerechnet als jetzt letztendlich passiert ist. Aber im Endeffekt hat man das und wir stehen der Sache eigentlich ganz offen gegenüber und diskutieren auch mit den Fans solange es im Rahmen ist. Wie die ersten Singles rauskamen hatten ja viele schon Angst, dass das Album etwas sanfter ist und dass wir uns in Richtung Kommerz verändert haben. Da haben wir immer über Facebook schon ziemlich viele Briefe geschrieben und mit den Fans auch drüber geredet und ich denke solche Ängste sollte man den Fans dann auch nehmen. Es ist ja auch verständlich, wenn die Fans einen 7 Jahre unterstützen, einem den Rücken stärken und es ja letztendlich ermöglichen, dass man unterwegs sein kann, und im 8. Jahr denken, oh Gott hoffentlich macht er jetzt keinen Schlager, dann sollte man solche Ängste schon ernst nehmen.

Jarwin: Ward ihr selber überrascht über den Erfolg der CD?
L.M.: Ja schon. Es hätte auch ganz anders ausgehen können. Es hat aus verschiedenen Gründen jetzt 5 Jahre gedauert bis wir das 3. Album fertig hatten und dann kam dieser Anruf von Unheilig und wir haben es nochmal verschoben. Wir haben dann den Henning gefragt ob er es produzieren möchte. Ich wollte mal in ein richtiges Studio gehen. Die ersten beiden Alben hab ich in meinem Zimmerchen mit meinen technischen Kenntnissen als Musiker produziert. Dann muss man seine eigene Stimme abmischen und schneiden. Jetzt hatte man jemanden, der das alles gemacht hat mit sehr großem Knowhow. Dann konnte man sich jetzt voll auf die Musik konzentrieren und hatte Leute die einem noch gute Tipps gegeben haben. Also ich persönlich bin inhaltlich und technisch an dieser Produktion sehr gewachsen. Es ist auch das erste Album das fertig geworden ist. An den anderen Alben hätte man theoretisch noch 3 Jahre herum schrauben können. Ich hab das Album dann erstmal 3 Wochen gar nicht mehr gehört und dann ins Autoradio eingelegt und dachte mir „ja cool, das ist fett“. Die Gitarren und die Songs sind so wie ich sie mir vorgestellt habe. Einfach fertig. Musiker schrauben ja immer gerne ewig an ihren Sachen.

Jarwin: Was macht man als Musiker in den 5 Jahren in denen man an einer Platte arbeitet?
L.M.: Ich hab noch viele andere Sachen gemacht. Terminal Joice ist gewesen, wir haben ein Album zwischendurch raus gebracht, wir waren bei Blutengel mit unterwegs, haben das Bühnendesign und die Videohintergründe gemacht und schreibe Songs für andere Bands u.s.w.

Jarwin: Gothic meets Klassik. Wir bereitet man sich darauf vor. Es ist ja ein gewaltiger Unterschied mit einem Symphonieorchester zu arbeiten.
L.M.: Richtig. Also wir haben den Vorteil, dass wir für die Platte jetzt schon die Nummern die schon arrangiert waren nehmen konnten und das auf die Bonusversion mit drauf packen konnten. Das fanden wir eine sehr gute Idee auch mal was anderes zu machen und sind dadurch schon ein bisschen in der Geschichte drin. Wir haben jetzt morgen nochmal eine Probe mit dem Arrangeur und wir fahren jetzt übernächste Woche zum Proben nach Polen zu dem Orchester. Das wird für uns eine neue Erfahrung sein. Wie dynamisch arbeitet so ein Orchester? Wie singt man drauf? Die sind ja auch mal schneller, oder mal langsamer. Mal schauen, wir sind schon alle etwas aufgeregt. Es ist ja auch ein 360° Saal, d.h. ich muss mich als Sänger auch mal umdrehen. Da stellt sich die Frage wie wird die Performance aussehen wird, wie wird das ganze arrangiert. Eine völlig neue Situation für mich.

Jarwin: Ist man dann bei so Cross-over-Projekten nervöser als sonst?
L.M.: Ja klar. Das ist ja auch bei der Unheilig-Tour schon so gewesen. Da war das erste Konzert in einem Fußballstadion mit 15000 Leuten. Ich hatte vorher noch nie vor so vielen Leuten gespielt. Aber nach dem 3., 4. Konzert pendelt sich das ein und man entwickelt eine gewisse Routine, man ist dann zwar immer noch aufgeregt, aber man hat schon eine Ahnung wies läuft und geht dann gleich anders ran. Ich bin ja eh ein Lampenfieber- Typ. Ich sterbe jedes Mal bevor ich auf die Bühne muss. Als ich bei der Unheilig- Tour das erste Mal raus musste hab ich hinter der Bühne auch gesagt – Mensch, hätte ich auf meine Mutter gehört und wäre Tischler geworden-. Auf der Bühne geht’s dann aber wieder.

Jarwin: Die Idee für das Projekt kam von Chris?
L.M.: Nein, das hat das Label organisiert. Also die hatten die Idee und haben das auch umgesetzt und haben uns als Bands dann eingeladen.

Jarwin: Was hörst du privat an Musik?
L.M.: Meine eigene Musik hör ich selten. Da man beruflich sehr viel mit Musik zu tun hat und auch sehr viel analysiert, sich viel Musik anhört um zu hören wie ist das gemacht wird, wieso gefällt mir das, bin ich dann doch ganz froh wenn einfach mal nur der Fernseher läuft und ich auf der Couch liegen kann. Ansonsten dudelt bei mir das Radio, also sehr „mainsteamig“. Früher hab ich gern Christina Aguilera angehört, weil ich die letzten beiden Alben ganz gut fand, nur ist das schon eine ganze Weile her.

Jarwin: Wir fotografieren ja hauptsächlich im Mittelalterbereich. Hast du dazu auch einen Bezug?
L.M.: Nein, Mittelalter weniger. Das ist nicht so ganz meins. Ich war als Jugendlicher immer mal gern auf diesen Mittelalter Spektakeln bei Dresden. Das hat mir ganz gut gefallen, aber die Musik gefällt mir, vor allem wegen den Dudelsäcken, nicht so wirklich. Aber das Eintauchen in eine andere Welt, die Atmosphäre ist schon schön.

Jarwin: Wo kommt denn der Name Louis her? Eigentlich heißt du ja Sven?
L.M.: Sven ist mein Zweitname. Den habe ich von meinem Opa. Sven ist zwar der Rufname aber nachdem sich bei Sven ca. 15 Leute umdrehen und bei Louis vielleicht 2 habe ich mich für diesen entschieden.

Jarwin: Staubkind wird ja schon immer zur schwarzen Szene gerechnet. Hast du einen Bezug zu der Szene?
L.M.: Also ich bin so ein bisschen rein gerutscht. Ich hab zwar früher auch gerne The Cure gehört, habe mich geschminkt und bin mit hoch tupierten Haaren gegangen, aber das hat für mich noch nichts mit schwarzer Szene zu tun gehabt. Vorher hab ich Metal gemacht und dann aber gemerkt, dass in der Szene relativ offen und großherzig mit den ganzen Gefühlen umgegangen wird und das hat mit sehr gut gefallen. Da hab ich mich mit meinen Gefühlen und Texten sehr wohl gefühlt. Hab aber auch immer betont, dass es zwar schön ist, dass wir den Platz gefunden haben, aber dass unsere Musik jeder hören kann. Ich finde es mittlerweile etwas schade, dass die Toleranz in der Szene und dieses ganze Drumherum gelitten hat und es eher noch darum geht, wie man sich präsentiert, nicht mehr so wie man es lebt. Ich finde die Szene mittlerweile etwas bröckelig, es geht nur noch darum sich zu verteidigen. Eigentlich ist „Leben und leben lassen“ immer das was die Szene gefordert hat. Man fand es auch immer ganz cool in Leipzig, wenn einer mal extrem anderes herum gelaufen ist. Das ist in der Szene ein bisschen verloren gegangen. Aber das ist einfach der Lauf der Dinge und vielleicht gibt es ja mal wieder ein paar Leute, die das wieder etwas hoch leben lassen. Ohne intolerant zu sein, ohne irgendwelche Leute auszugrenzen, die vielleicht anders aussehen. Das ist nämlich im Moment ein sehr großes Problem, dass Leute, die normal aussehen ausgegrenzt werden, obwohl wir früher ja das gleiche Problem hatten, weil man anders ausgesehen hat. Aber man vergisst recht schnell. Ja, ansonsten fühlen wir uns nach wie vor sehr wohl. Haben natürlich jetzt durch das Unheilig- Publikum eine bunte Mischung bekommen, das merken wir auch, dass alte Songs anders funktionieren als früher und die neuen Songs natürlich auch. Ich habe jetzt auf der Unheilig- Tour gelernt, mit dem Grafen und Andreas Burani, den ich kennen gelernt habe und der ja aus einer ganz anderen Musikrichtung kommt, zu akzeptieren, dass eben alle sich meine Musik anhören können, egal ob schwarzes, weißes oder buntes T-Shirt. Es gibt eben keine Schublade in die man die Fans reinstecken kann. Am Anfang war ich auch skeptisch, was die Unheilig-Tour angeht, bin aber mittlerweile sehr froh das gemacht zu haben. Das Schöne ist ja, dass man mittlerweile auf Konzerte jeglicher Musikrichtung einfach hingehen kann, egal aus welcher Richtung man kommt. Man kann auf ein Klassikkonzert gehen oder in die Oper, auch wenn man vorher noch nie dort war und ohne einen Frack zu besitzen, genauso wie auf ein Heavy Metal Konzert. Und warum soll nicht auch ein „Normaler“, mit buntem T-Shirt auf ein Gothic-Konzert gehen, wenn es ihm gefällt. Das schöne ist, wir hatten jetzt in Thurgau einen da, der völlig extrem aussah. Nietengürtel, gepierct, zerfetztes Hemd, tätowiert und daneben stand die Hausfrau mit ihrer Tochter. Das fand ich echt cool, es haben sich alle akzeptiert und toleriert und haben dann sogar miteinander ein Gespräh angefangen.

Jarwin: Ja das entwickelt sich im Moment sehr. Ich denke, dass da auch Unheilig mit dafür verantwortlich ist, dass Bands aus der schwarzen Szene immer mehr entdeckt werden und sich das Publikum etwas bunter mischt.
L.M.: Es gibt natürlich Bands, die sich darauf fest legen, die die schwarze Szene vertreten, wie z.B. auch Lacrimosa und ASP, das ist schon sehr szenenspezifisch. Man kann zum Grafen stehen wie man will, man kann auch sagen es ist fragwürdig wie er aus der Szene raue ist. Es hat jeder das Recht sich eine Meinung zu bilden. Das wichtigste ist einfach wie tolerant oder wie höflich man damit umgeht. Da sind ja wirklich Sachen an den Tag gelegt worden, wo ich dachte „mein Gott“. Man muss doch nicht Unheilig- Publikumsfotos machen nur um sie dann in Facebook zu posten und dann die Leute mit Kommentaren an den Pranger stellen, nur weil sie ein rotes T-Shirt tragen und bei Unheilig mitgesungen haben. Da habe ich mich dann schon ein bisschen ans 3.Reich erinnert gefühlt, wo die Menschen anhand ihres Aussehens beurteilt wurden. Da war ich etwas enttäuscht. Kritik kann man schon Äußern, aber es ist immer die Frage in welchem Ton man es macht. Da habe ich mich sofort von einigen Sachen distanziert und gesagt das kann ich nicht unterstützen.

Jarwin: Möchtest du noch irgendetwas los werden?
L.M.: Ja, dass es ein toller Sommer war und ich möchte allen Fans danken, die dabei waren und neu dazu gekommen sind.

Jarwin: Wünsch dir was! Wenn du heute die Möglichkeit hättest dir einen Duett Partner oder Partnerin zu wählen. Gäbe es da jemanden mit dem du gerne einmal zusammen arbeiten würdest?
L.M.: Schwierig. Es gibt im Moment niemanden. Ich überlege schon, wir haben auch jemanden im Auge, aber das möchte ich jetzt nicht verraten. Mit Andreas Burani haben wir damals ein Abschlussduett am letzten Tourtag gemacht. Das war sehr interessant.

Jarwin: Vielen Dank für die Zeit und die offenen Antworten! Es hat uns viel Spaß gemacht. Viel Erfolg weiterhin mit Staubkind.

Carolin und Bernd Sonntag