Corvus Corax Gimlie Tourauftakt am 27.11.2013 in Nürnberg

Richtig stark sein mussten die Corvus Corax Fans beim Tourauftakt zur Gimlie Tour im Nürnberger Hirsch, denn mit Hamferö als Vorband hatte man nicht nur eine sehr polarisierende Gruppe mitgebracht, sondern auch noch eine, die mit ihrem sehr eigenwilligen Doom Metal musikalisch so gar nicht zu Corvus Corax passen wollte. Kein Wunder, dass es nicht wenige Konzertbesucher nach draußen zum Pizzastand oder zum Corvus Merchandise zog, die versuchten den Klängen der brachial lauten Band von den Färöer Inseln zu entkommen. Eigentlich schade, denn irgendwie hat die Mischung aus Geknurre und im Vergleich dazu zum Teil fast opernhaft theatralisch hellem Gesang schon etwas. Aber nicht gerade als Vorband für die Könige der Spielleute, die ausgerechnet mit Gimlie ihre fröhliche Seite zeigen wollen. Gute Laune, Fröhlichkeit oder gar unbändige Lust zum Tanzen kommt bei Sänger Jon Aldara und seinen Musikern in den schicken Anzügen nicht auf.

Evst, der Erstling der Band ist etwas, für alle, die einen matschig nebligen düsteren Wintertag musikalisch passend untermalen wollen. Womit man allerdings zumindest was das Wetter betrifft wieder voll ins Schwarze getroffen hat. Und da man grundsätzlich in Färöischer Landessprache sang, sind die Texte ähnlich unverständlich, wie die eine oder andere Nummer von Corvus Corax,deren diverse Songsprachen ja auch kaum jemand beherrscht.

Ob sich mit „Gimlie“, der neuen CD von Corvus Corax für die Berliner ein neues goldenes Zeitalter einstellt wird sich noch zeigen, festzustellen ist, dass die Platte auffallend positiv von den Musikredakteuren aufgenommen wurde und viel Lob einheimste. Entsprechend gespannt konnte man auf die Umsetzung sein, erzählt man doch mit den Album von schönen Dingen einer vergangenen Zeit, von Einhörnern, schönen Frauen und der schönsten der damaligen Zeit überhaupt, Derdriu , von einem Rabenfestmahl und einen triumphierenden Helden Beowulf über das Ungeheuer Grendel.

Und Grendel hatte man dann auch gleich optisch mitgebracht. Doch bevor das Ungeheuer auf der Mitte der Bühne ankam, machte sich schon mal der Kopf selbstständig, was Castus danach zu der Feststellung veranlasste, man müsse an der Umsetzung schon noch etwas arbeiten. Kein Beinbruch, genauso wie am Ende des Konzertes, als die Dudelsäcke zu hoch kamen und der brachiale Dudelsackklang einem schon fast im Ohr wehtat. Dafür war es das erste Konzert der Gimlie Tour und da darf schon noch einiges schieflaufen und dafür ist es auch ein Live Konzert, wer es perfekt will der muss halt die CD kaufen. Dann bekommt er allerdings noch ein ganz besonderes Schmankerl geboten, mit der Seherin ein beeindruckendes Intro, das mangels passender Frauenstimme leider live so nicht umsetzbar war.

Neben vielen neuen Songs, angefangen von Gimlie über Unicornis, der Schrei, Königinnen werden ihr neiden bis Derdriu gleich am Anfang des Konzertes über Crenaid brain, Grendel und Beowulf i min nama bis zu Sigeleasne sang gibt es fast alles vom neuen Album, aber auch die Corvus Corax Klassiker wie In Taberna, Mille anni passi sunt oder Venus vina musica und Hafrue sind im Programm.

Und bei der Zugabe gibt’s dann Melodic Death Metal im Corvus Corax Stil. Das Cover Twilight of the Thunder God, Titeltrack des gleichnamigen Albums von Amon Amarth fetzt auch live so richtig und Castus gibt auch in Englisch einen wunderbaren Donnergott ab. Nach einigen Besetzungswechseln in der Vergangenheit, hat man sich scheinbar als neue Musikereinheit inzwischen gefunden und mit Gimlie ein tolles neues Album geschaffen. Optisch sind die Auftritte der Band ja immer ein echter Hingucker, da stimmt bis ins kleinste Detail alles und die Kolkraben geben sich auch hier immer richtig Mühe ihr Publikum zu be-und zu verzaubern. Langweile kommt bei Corvus Corax live ja eh nie auf. Nur all jene die dem Dudelsack und dem intensiven Getrommel wenig abgewinnen können, die werden auch Corvus Corax im goldenen Zeitalter vom Gimlie meiden, wie der Teufel das Weihwasser. Allen anderen ist die Gimlie Tour sehr zu empfehlen und die Fans aus Nürnberg dürfen sich schon jetzt auf das Feuertanz 2014 freuen, wo Corvus mit Wadokyo dabei sein werden. Und mit den Taiko-Drums von Wadokyo ist Corvus Corax nochmals deutlich beeindruckender als sie es an diesem Abend im Nürnberger Hirsch eh schon waren.

Bernd Sonntag

Tarja Nürnberg Löwensaal 30.10.2013

Discosound und locker fluffige Popsongs sind nicht das Ding der 1977 im nordfinnischen Kitee geborenen Tarja Soile Susanna Turunen Cabuli.
Ihre Leidenschaft gilt dem Bombast, dem Drama und den großen Gefühlen. Die Musik, die als Symphonic Gothic Metal schon ganz gut beschrieben ist , lebt aber vor allem von dem unglaublichen Stimmumfang der kleinen Finnin. Der stimmgewaltigen Sopranistin macht stimmlich so schnell keiner etwas vor .Egal ob die Musik richtig rough daherkommt , ob es ziemlich orchestral und musicalmässig wird oder zur Abwechslung sogar einmal ganz leise und sanfte Töne erschallen , sie hat das alles drauf. Tarja ist die Königin des Opera Metals, eine absolute Traumbesetzung als Sängerin und daran lässt sie auch an diesem Abend im Löwensaal keinen Zweifel. Tarja deren vollständiger Name ja allein schon wie Musik klingt , möchte dem Publikum , im überraschend nicht ausverkauften Löwensaal ihr neues Album “ Colours in the Dark“ präsentieren.
In den Nightwish Hochzeiten mit Tarja am Mikrofon hätte man keine Maus mehr im Saal unterbringen können, die Zeiten sind jedoch bekanntlich vorbei. Tarja ist seit 2006 Solo unterwegs und das durchaus erfolgreich. Die 3 Albenvorgänger haben die Top Ten der Albumcharts in Deutschland erreicht und da macht auch die neue Scheibe keine Ausnahme. Und die kommt deutlich härter und rockiger daher als die Vorgänger.
Um dies auch ordentlich live umzusetzen, braucht es natürlich Begleitmusiker, wie den Cellisten Max Lilja, Iro-Drummer Mike Terrana, Gitarrist Alex Scholpp und als zweite Frau auf der Bühne Bassistin Anna Portalupi, nicht zu vergessen den Schiller erprobten Christian Kretschmar an den Keyboards. Die nehmen nacheinander auf der Bühne Platz, während Freund Computer für das Intro zuständig ist. Natürlich nicht nur für das Intro, um den Sound richtig orchestral, dynamisch und spektakulär rüberzubringen , hätte es sonst eines ganzen Orchesters incl. Chores bedurft. Da es die aber nicht gibt, unterstützt Mitmusiker Apple die Band, die nur einmal bei „Never Enough“ so richtig im Mittelpunkt steht, als Tarja eine längere Instrumentalpassage zum umziehen nutzt. Nicht nur einmal an diesem Konzertabend, insgesamt gibt es Tarja in 3 sehenswerten Outfits zu bewundern.
Und so gehört die sehr aufgeräumt wirkenden Bühne der Sängerin mit dem faszinierenden, (bisweilen fast wahnsinnig wirkenden) Blick, die vom ersten Ton von Song eins an „In for a Kill“ alle Blicke auf sich vereint. Einzig der Drummer schafft es mit diversen Jonglageeinlagen der Drumsticks , dass man den Blick einmal nachhaltig von der hübschen Finnin lässt. Aber nicht lange , man könnte ja etwas verpassen, während Tarjas Haare im Wind weht und die Setlist des Abends abgearbeitet wird. Nach Arbeit sieht das aber nicht wirklich aus, Tarja hat sichtbar Spaß und zeigt sich nicht nur einmal , sondern mehrmals am Abend aufrichtig dankbar für das Erscheinen und die Ovationen des Publikums. Von Diva , wie es ihr Nightwish ja einmal unterstellt hat nichts zu merken, ganz im Gegenteil. Die Dame wirkt extrem fröhlich, natürlich, charmant und wohltuend uneingebildet.
Immer wieder brandete Applaus auf, den meisten bei Wish i had an Angel, den einzigen Nightwish Song des Abends, aber auch die Tarja Songs wurden gefeiert. Allen voran das großartige I walk alone oder Sing for me. Mein absoluter Höhepunkt war jedoch das an Ravels Bolero erinnernde Victim of Ritual als erstes Lied der Zugabe. Allein der beeindruckende leiseTrommelsound der sich immer mehr steigerte , analog zu Tarjas Stimme, ist das Eintrittsgeld wert. Quasi als Zugabe gab es eine Auswahl großartiger Songs ihrer Alben, eine extrem dankbar wirkende, gutgelaunte Sängerin mit grandioser Stimme und eine perfekt funktionierende Band, die sich wohltuend für den Star am Mikrofon zurück nimmt. Ein Sonderlob verdient neben dem guten Sound im Löwensaal vor allem die Lichttechnik Crew, der es gelang ein beeindruckendes Konzert sehenswert ins rechte Licht zu setzten, wie es kaum besser geht und das Konzert dadurch auch optisch zu einem echten Genuß machten.
Bernd Sonntag

Blutengel am 11.03.2013 in Nürnberg

Joe Bonamassa oder doch lieber Blutengel hat sich vielleicht nicht nur ein Besucher aus Amberg im Vorfeld des Konzertes vom Blutengel im Hirsch gefragt, der sich dann nach langer Überlegung für Blutengel und gegen Bonamassa entschieden hat, der zur gleichen Zeit in der Meistersingerhalle aufspielte. Bereut hat er seine Entscheidung sicher nicht, genauso wenig wie all die anderen Besucher im gutgefüllten Hirsch, die auch in diesem Jahr für die gewohnte Blutengel-Saunatemperatur sorgten. Trotzdem wollte sich Chris trotz lautstarken Ausziehen-Rufen von weiblichen Besucherinnen wieder einmal nicht ausziehen. „The same procedure as every year“ könnte man meinen. Und doch war an diesem Abend vieles anders, ganz anders als man es von Blutengel bisher gewohnt war.

15 Jahre gibt es das Bandprojekt Blutengel nun schon, 15 Jahre waren die Liveauftritte immer großes Kino mit Live-Gesang, die Musik dazu kam jedoch vom Band was beim einen oder anderen Konzertbesucher doch leise Kritik hervorrief.

So schauten die Blutengel Fans diesmal etwas verwundert, als nach dem gelungenen Auftritt der Vorband Melotron, dazu später noch mehr, Schlagzeuger Michael hinter dem Schlagzeugaufbau Platz nahm, Carolines Violine und Katharinas Cello verkabelt wurden und sich hinter dem Piano Konrad einfand. Und spätestens als Chris Pohl, Sänger, kreativer Kopf und Bandchef zusammen mit Ulrike Goldmann die Bühne betrat und die Band die ersten Klänge des Intros Legend erklingen liesen, war auch dem Letzten im Saal klar, heute gilt es Blutengel mit Live-Band ganz neu zu entdecken.

Spätestens seit dem grandiosen Gothic meets Classic Auftritt im letzten Jahr, für das die Band mit Lob geradezu überschüttet wurde, ist bei Chris Pohl der Plan gereift, all den vielen Blutengel-Fans im Lande wenigstens in kleiner Besetzung vorzuführen, welche Pracht die Songs mit Streicherbegleitung live entfalten können. ein mutiger Schritt, der die Faszination Blutengel live erleben noch viel reizvoller macht. Gerade auch, weil es gelungen ist, Musiker zu finden die den Blutengel-Sound von CD perfekt live auf der Bühne umzusetzen verstehen, allen voran Drummer Michael, der sich mit seinen beleuchteten Drumsticks und seiner ungewöhnlichen Drumstickhaltung als echter Glücksgriff erwies.

Einen Ersatz für die Ende 2012 augestiegene Sängerin Anja Milow gibt es nicht, wieso auch, wenn man mit Uli Goldmann eh schon eine großartige Sängerin in der Band hat, deren Stimme nun schon 8 Jahre einfach perfekt zu der von Chris Pohl passt. Und neben den vielen gemeinsam gesungen Songs bleibt auch ihr starker Soloauftritt beim Konzert unterstützt von 2 Tänzerinnen extrem im Gedächtnis haften.

Apropos Tänzerinnen, ein unverzichtbarer Bestandteil einer Blutengel Show, egal ob als Vampire, als Göttin Athena oder als Nonne verkleidet, die Damen sind immer einen oder ganz viele Hingucker wert und setzten die Songs visuell perfekt in Szene und der Live Show die Krone auf. Auch wenn wegen den beengten Bühnenverhältnissen im Hirsch nicht alles, was man gerne hätte zeigen wollen, möglich gewesen war. So musste man leider ohne Feuershow auskommen, doch auch ohne Feuer war es immer noch ein sehenswertes Spektakel was die Blutengel-Crew an diesem Abend ablieferte. Tour auf Tour lässt man sich immer wieder eine komplett neue Show mit neuen Tanzschritten, Choreographien und Outfits einfallen und bis auf das Kunstblut, dass diesmal nicht ganz so reichlich wie im letzten Jahr floss, war auch 2013 vieles eben nicht „The same procedure as every year“. Auch weil man eine neue Tänzerin dabei hatte, für meinen Geschmack sind Nicky, Vicky und Nadine die stärkste Tanzbesetzung der 15 Jährigen Blutengel-Bandhistorie.

Von Null auf Platz 4 der Charts schoss das zur Tour gehörige Album The Monument in der ersten Woche des Erscheinens. Nicht nur die beste Chartsplazierung aller Zeiten für Blutengel, sondern ein eindrucksvoller Beweis, dass man auch ohne großen Major im Rücken, ohne gewaltigen Werbeaufwand, ohne sich kommerziell zu verbiegen und ohne Heavy Rotation im Radio extrem erfolgreich sein kann. Und so besteht die Show natürlich aus vielen Songs des neuen Doppel-Albums wie Willst Du, Save our Souls, You walk away und natürlich Monument als letzten Song des Abends. Selbstverständlich gibt es aber auch genug Platz für ältere Songs, auch wenn die Songauswahl bei einem solch großen Songkatalog der in den 15 Jahren inzwischen entstanden ist, von Jahr zu Jahr immer schwieriger wird. Probleme scheint Chris Pohl damit aber keine zu haben, schafft er doch jedesmal ein homogenes Set aus alt und neu, aus tanzbaren schnellen Nummern und ans Herz gehenden Balladen zusammen zu stellen die wie aus einen Guß wirken, so dass die kapp 2 Std auch nach 3 Zugaben gefühlten 60 Minuten entsprachen und man einfach noch gerne viel mehr gehört hätte.

Blutengel sind ja eigentlich eine Elektroband, trotzdem kommt man inzwischen auch bei einem Song einmal völlig ohne Elektro aus, ungewohnt vielleicht, jedoch musikalisch noch einmal ein riesiger Schritt nach vorne. Chapeu Chris Pohl.

Nürnberg hat sich übrigens einmal mehr als dankbares Blutengel Publikum erwiesen und Chris Pohl weiß auch, was er an seinen „Nürnbergern“ hat. Nicht umsonst hat man beim Tränenherz-Konzertfilm zur letzten Tour den es auf der Nachtbringer CD als Bonus dazu gibt, viele Songs vom Auftritt in Nürnberg ausgewählt und Nürnberg ist für Chris Pohl immer ein Highlight, wie uns ein tiefenentspannter Chris Pohl vor dem Konzert erzählte.

Und so sollte einem baldigen Wiedersehen in Nürnberg nichts im Wege stehen, auch wenn sich der größte Wunsch von Chris Pohl , dass der ganze Saal den Song Monument lautstark mitsingt leider noch nicht erfüllte. Aber vielleicht heißt es im nächsten Jahr dann auch was das Mitsingen anbelangt, eben nicht „The same procedure as every year, Chris“.

Nun noch einige Sätze zum Auftritt von Melotron. Die im Jahr 1995 gegründete Band aus Neubrandenburg ist mit ihrem Synthiepop ein idealer Einheizer an diesem Abend. Und diese Rolle macht den 3 Jungs von Melotron um Snger Andy Krüger sichtbar Spaß. Trotz einem Auftritt beim Bundesvision Song Contest im Jahr 2007 für Meck-Pomm und immerhin bereits 6 regulären Alben ist der Bekanntheitsgrad der „Jungs“ in Deutschland noch ausbaufähig. Und pünktlich zum Tourstart hat man mit „Stuck in the Mirror“ auch einen neuen Song herausgebracht, ein Vorgeschmack auf die kommende CD Werkschau. Wird auch Zeit Vorgänger Propaganda ist bereits im Jahr 2007, also vor 6 Jahren erschienen.

Und dass die Jungs Selbstvertrauen haben sieht man daran, dass man sich doch tatsächlich getraut hat einen Rio Reiser Song zu covern. Menschenfresser klingt zwar nicht mehr wirklich nach Rio Reiser und weit mehr nach Melotron, aber das ist auch gut so. Denn eins braucht sicher niemand, eine Synthiepop-Band die nach Rio Reiser klingt. So macht der Song, genauso wie der Auftritt von Melotron aber durchaus Spaß. Und nach dem Konzert nahm man sich übrigens wie auch die 2 von Blutengel viel Zeit um Autogramme zu schreiben oder Fotowünsche zu erfüllen.

Bernd Sonntag

Peter Heppner+Solar Fake Tour-Konzert in Nürnberg

Es gibt Konzerte die bieten einen echten Mehrwert, nämlich dann, wenn die Vorgruppe selbst einen Besuch lohnt oder die noch unbekannte Band sich als echter Glücksgriff entpuppt. Einen solchen Mehrwert gab es auch beim Peter Heppner-Konzert mit dem Auftritt von Solar Fake, ein weiteres Projekt des Zeraphine Sängers Sven Friedrich, den ich leider bis heute noch nicht live gesehen habe , aber schon immer einmal sehen wollte, vor allem natürlich mit Zeraphine. Immerhin hatte ich nun wenigstens Gelegenheit ihn einmal mit Solar Fake, das konsequent elekotronisch gehaltenere Gegenstück zu Zeraphine live singen zu hören. Zusammen mit Keyboarder Frank Arnold hat er gerade einmal 30 Minuten Zeit sich dem Publikum vorzustellen. Das ist eigentlich dann doch einfach zu kurz. Schade dass man einen Sänger der deutliche musikalische Spuren in der Gothic und Darkwave Szene hinterlassen hat, egal was er bisher auch anpackte, sei es mit den Dreadful Shadows, Solar Fake oder Zeraphine, nicht wenigstens noch 15 Minuten gegönnt hat. Immerhin haben die 30 Minuten gereicht um zumindest einschätzen zu können, dass Sven Freidrich nicht zu unrecht einen guten Ruf als großartigen Sänger und charismatischen Frontmann genießt. Allerdings kommt die Stimme bei Zeraphine sicher noch besser zur Geltung als bei den zwar durchaus melodischen Futurepop-Songs mit EBM und Industrial-Einflüssen von Solar Fake. Neben den Eigenkompositionen bleibt bei der kurzen Auftrittszeit trotzdem zumindest auch Zeit für eine Coverversion, die wohl jeder im Saal als Ohrwurm bestens kannte. Das verbietet sich zwar, wie Friedrich grinsend erzählt, aber das ist uns egal und schon gings los. Und da die Welt ja bald untergeht und Geld somit keine große Rolle mehr spielt gibts von Solar Fake am Merchandise nach dem Konzert als Geschenk einen kostenlosen Song. Ein netter Zug der beiden symphatischen Musiker, die sich natürlich auch nicht zu schade waren nach dem Konzert und nach dem Heppner-Auftritt Autogramme zu schreiben , für Fotos mit Besuchern zur Verfügung zu stehen oder einfach etwas mit dem Publikum zu plauschen. Und auch wenn Solar Fake im Vergleich zur Heppner-Musik schon sehr unterschiedlich klingen, so ist vielleicht trotzdem der eine oder andere , der von Sven Friedrich noch nie etwas gehört hat, neugierig auf das musikalische Schaffen eines der kreativsten Köpfe der Gothicszene geworden. Wer sie wieder live sehen will hat im nächsten Jahr genug Gelegenheit. Sie werden die Project-Pitchfork-Tour supporten , dann hoffentlich mit längerer Auftrittszeit, und auch ein Auftritt beim Amphi-Festival ist inzwischen bestätigt. Und es wäre auch nicht verwunderlich, wenn wie 2012, wo man u.a auch in Moskau und England spielte, Auftritte im Ausland dazukommen. Nach Kalifornien wird es die Band allerdings nicht verschlagen und so wird meine Konzertnachbarin aus den USA wohl wieder nach Deutschland kommen müssen um sie zu hören. So wie für die Peter Heppner Tour, für die sie sich extra ins Flugzeug setzte um ihn einmal live erleben zu können. Und das nicht nur einmal, gleich alle Konzerte der Tour hat sie besucht und so ganz nebenbei sich auch noch etwas Deutschland angeschaut, wie sie mir nach dem Konzert erzählte. Überhaupt scheint Peter Heppner nicht nur in den USA Fans zu besitzen. So stand neben mir eine junge Dame aus Brasilien, die ihr ganz privates Glück indirekt auch ihm zu verdanken hat. Denn auf der Suche nach jemand , der ihr die Deutschen Texte übersetzten kann, damit sie sie in Brasilien verstehen kann, hat sie Dank Facebook jemand gefunden. Und daraus wurde Liebe und letztes Monat hat man dann in Nürnberg geheiratet und somit ist für die beiden das Konzert sicher ein ganz persönliches Highlight. Das ist es aber sicher auch für die anderen Zuhörer im gut besuchten Hirsch. Denn neben der außergewöhnlichen Stimme Peter Heppners mit hohem Wiedererkennungswert ist es ein perfekter Ton und eine sehenswerte Lichtshow die das Konzert zusätzlich zu einem Genuß werden lassen. Wenn man es schafft, dass bei einem Live-Konzert der Sänger bestens zu verstehen ist, die Musik genau die richtige Lautstärke hat und man auf Ohrstüpsel verzichten kann, dann hat ein Tontechniker einen klasse Job gemacht und das muss man ihm ebenso wie dem Lichttechniker hoch anrechnen. Kein Wunder dass sie am Ende des Konzertes namentlich von Peter Heppner erwähnt wurden. Das haben sich die 2 auch wahrlich verdient. Genauso die Band mit Lothar Manteuffel, Dirk Riegner an den Keyboards Gitarrist Carsten Klatte und Drummer Achim Färber, die sich wohltuend zurücknimmt und den zweifachen Echo-Preisträger mit einer der herausragensten Stimme eines deutschen Sängers auch den Raum zu geben den er verdient. Und den nützt er auch großartig aus, das Programm ist ein Best of Heppner und zeigt auf beeindruckende Weise welch großartige Songs mit seiner Mitwirkung entstanden sind. Denn neben den eigenen Songs hat er auch die beiden großartigen Schiller-Songs Dream of You und Leben.. I feel you im Programm, eine Zusammenarbeit die bei so großartigen Songs nach einer Fortsetzung geradezu schreit. Auch das mit DJ Paul Van Dyk entstandene Wir sind wir und den Witt Kracher Die Flut im zweiten Zugabeblock gabs live unter großem Publikumsjubel zu hören. Und auch Wolfsheim Songs wie das wunderschöne Kein Zurück standen im Programm. Naürlich auch Songs von der neuen, im April 2012 erscheinenen, sehr hörenswerten CD „My Heart of Stone“, nach dem man auch die Tour benannt hatte und die mit dem Auftritt in Nürnberg ihr Ende fßr 2012 fand. Es war ein Ausflug in „Meine Welt“ auf die man sich sehr gerne einließ und dies sicher sehr gerne wieder. Wünsche blieben eigentlich fast keine offen, einzig der einmalig schöne „Glasgarten Song“ der 2001 zusammen mit Goethes Erben entstanden ist, wäre noch ein Traum gewesen.

Aber auch so war das Konzert wirklich großartig, dies konnte man auch an den Augen vieler Besucher ablesen, die strahlend und funkelnd den melancholischen Songs Peter Heppners lauschten und vor sich hin träumten, wenn sie nicht gerade mit dem fotografieren beschäftigt waren. Denn Dank den neuen Smartphones mit zum Teil wirklich erstaunlich guter Bildqualität wurde viel fotografiert an diesem denkwürdigen Konzertabend. Und wer dann noch etwas Platz auf der Speicherkarte hatte, konnte nach dem Konzert auch noch ein Foto mit Peter Heppner erhaschen , der frei jeglicher Starallüren wie selbstverständlich den Merchandise Stand besuchte. Ein großartiges Konzert eines Ausnahmesängers mit Ausnahmeorgan, seine Stimme. Möge er uns noch ganz viele so schöne Lieder schenken wie die an diesem Abend , eingeschlossen dem Dream of Christmas mit denen das Konzert nach 2 Zugabeblöcken beendet wurde. Chapeau!

Carolin und Bernd Sonntag

The Cruexshadows und Goldkint Live in Nürnberg

Was gibt es nicht alles für Gerüchte, wenn Männer Väter werden. Vom Couchpotato bis zum Schlaffi ist da im Internet zu lesen. Bei Rogue, dem charismatischen Frontmann der Cruexshadows hat sich augenscheinlich erst einmal gar nichts verändert. Über 2 Jahre sind nun vergangen, seit die „Cruexis“ zum letzten Mal auf Tour in Deutschland waren. Grund ist die Geburt von Töchterchen Angelina Miette, schon jetzt der heimliche Chef im Cruexshadows Clan und den beiden wie aus dem Gesicht geschnitten. Ein zweites „Baby“ kommt Anfang August zur Welt, die neue CD As the Dark Against My Halo“. Deshalb gab es beim Konzert leider auch noch keine Exemplare zu kaufen. Wirklich schade, machte das Konzert mit vielen neuen Song doch so richtig Lust darauf, sich die CD mit nach Hause zu nehmen. Schon allein auch deshalb, weil die Crueshadows in ihren Texten auch etwas zu sagen haben und sich bei einem Konzert der Cruexshadows auf den Text zu konzentrieren ist faktisch unmöglich. Zu energiegeladen ist die Show, zuviel Action sowohl auf der Bühne wie im Zuschauerraum. Denn wie immer, und wie von Rogue gewohnt, löst er die obligatorische Trennung von Bühne und Zuschauerraum gleich zu Beginn komplett auf. Die Band fängt das musizieren an und auf einmal geht der Gesang hinter den Zuhörern los. Auch während des Konzertes ist Rogue immer wieder im Publikum , steht auf der Absperrung oder klettert auf den Lautsprechern herum . Seine Liebe zum klettern hat er also nicht aufgegeben, auch wenn der Nürnberger Hirsch bekanntlich wenig Möglichkeiten bietet sich hier auszuleben. Man merkt aber deutlich, wie irritiert mancher Besucher über soviel Publikumsnähe war. Wie der Herr, der erst einmal dachte, „was will der jetzt von mir?“ als Rogue ihn im Publikum zum Tanz aufforderte. Und auch zum Ende des Konzertes füllte sich die Bühne sehr zögerlich, als in guter alter Cruexshadows-Tradition Bühne und Zuschauerraum eins wurden. Ausgelassen wurde auf der Bühne getanzt und jeder ob vor oder auf ihr hatte seinen Spaß. Auch die hübsche Frankfurterin mit den tollen Haaren, die bei fast jedem Cruexshadows Konzert dabei ist, weit über 50 sind es inzwischen schon. Und immer wieder macht es aufs neue Spaß die Band aus Tallahassee in Florida live zu sehen. Und dass die Cruexshadows eine ganz besondere Liveband sind, liegt sicher auch an den zwei Tänzerinnen Rogues Frau Jessica Lackey und Jenne Vermes, sowie den absoluten Eye Catcher JoHanna Moresco an der elektrischen Violine. Älter scheint sie auch nicht zu werden. Das gilt aber irgendwie für die ganze Band. Mit Mike Perez hat man einen neuen Gitarristen dabei , David Russell Wood ist auch diesmal der männliche Violinpart und wie gewohnt steht Jennifer Jawidzik oder kurz Pyromantic an den Keyboards.

Viele bekannte Gesichter und genauso bekannt ist die Musik der Band. Der treibende Elektro-Dark-Wave Sound ist unverkennbar und da machen auch die neuen Songs keine Ausnahme. Und Rogue gibt vom ersten Lied an Vollgas, Pausen , Ansagen, ruhige Momente Fehlanzeige. Es wird Gas gegeben gefidelt und gesungen als gebe es kein Morgen mehr. Pausen kennt Rogue nicht, der erst nach etwas 2 Drittel der Show mit einem Hallo Nürnberg und einer kleinen Ansage zum ersten Mal das Tempo herausnimmt. Aber nur kurz und zum einzigen Mal. Und dann geht es wieder los mit neuen und bekannten, wie das begeistert mitgesungene Happy Birthday, Winterborn und als Zugabe als absolutes Highlight Marilyn, My Bitterness.

Man kann echt froh sein, dass die Crueshadows wieder da sind, waren die letzten 2 Jahre nicht gerade einfach für die Band.Neben rechtlichen Problemen mit der alten Plattenfirma war auch von finanziellen Engpässen zu hören, die auch leicht das Ende der großartigen Band hätte bedeuten können. Doch nun scheint sich alles zum Guten zu wenden und ich hoffe wirklich das die neue CD sich auch in Deutschland richtig toll verkauft. Denn wenn es eine Band verdient hat Erfolg zu haben, dann sind es die Cruexshadows, die es sich in Nürnberg auch wieder nicht nehmen lassen sofort nach dem Konzert mit dem Publikum zu tratschen und Autogramme zu schreiben. JoHanna ist gleich von der Bühne runtergesprungen, nur die kostbare Violine musste noch schnell verpackt werden. Und erst wenn auch wirklich der letzte Zuschauer zufrieden den Hirsch verlassen hat, ist für die Cruexshadows das Konzert dann auch zu Ende.

Angefangen hat der Konzertabend übrigens mit Goldkint, einem Elektro-Pop Duo aus Hannover. Eine Band von der ich bisher noch überhaupt nichts gehört hatte und die mir persönlich sehr viel Freude bereiteten. Dank ihres etwas an die Neue Deutsche Welle und den Sound der Elektro Synth Popbands der 80 Jahre fühlte ich mich irgendwie in meine Jugendzeit zurückversetzt. Etwas Ideal, etwas Kraftwerk, etwas Trio, ganz viel Zweiraumwohnungund DFs Codo finden sich im Sound wieder und doch ist es ziemlich eigen und individuell was Sängerin Jana und Beatbastler Löbke in Nürnberg auf die Bühne zauberten. Völlig anders als der Cruexshadows Sound aber nie langweilig sondern sehr unterhaltsam was die 2 da ablieferten. Und Sängerin Jana, die die Energie die in ihr steckte kaum bündigen konnte, versteht es perfekt die Songs live umzusetzen. Sicher gefällt die Musik nicht jeden , ähnlich wie bei Welle Erdball, (die man in der Liste der Bands an die einen Goldkint erinnern auch noch problemlos aufführen kann) mag man die Musik oder findet sie ziemlich doof. Mir jedenfalls hat die Musik und vor allem auch die Live-Performance sehr gut gefallen und hat richtig Lust auf mehr gemacht.

Es lohnt sich also doppelt die Cruexshadows live anzuhören. Für einen sehr fairen Eintrittspreis gibt es zwei ganz tolle Bands zu erleben.
Bernd Sonntag

Omnia in Nürnberg

Eins muss ich zu meinem kleinen Omnia-Bericht und den Bildern gleich vorausschicken. Sie werden dem Abend auf keinem Fall gerecht. Denn die Energie, die bei diesem Konzert von der Bühne herunter auf die Zuschauer wirkte, und vor allem auch die Energie des Publikums, die auf die Bühne zurückreflektiert wurde, gelingt es mit keiner Kamera der Welt in Bildern einzufangen. Leider muss man sagen. Denn Omnia verwandelten den Hirsch in ein Tollhaus. War die Stimmung im letzten Jahr schon sehr gut, in diesem Jahr war die im vorderen Bereich gutgefüllte Sauna Hirsch ein echter Hexenkessel und Magier Steve und seine Flöten und der Rest von Omnia taten alles, um den Leuten einen unvergessenen Abend zu bescheren. Und dabei hatten sie, wie immer wenn sie live auf der Bühne stehen, sichtlich Spaß. Den hatte aber auch das Publikum, das nur teilweise aus Nürnberg kam, wie man spätestens nach Steves Publikumsfrage feststellen konnte. So bestand die erste Reihe neben einer ganzen Reihe von Omnia Fans, die sie schon gestern in München gesehen hatten über einer Familie aus der Nähe von Heilbronn auch aus 4 Personen aus der Ecke von Selb. Denn Dank des Festivals Mediavals, bei dem Omnia 2012 wieder eines der Highlights sein werden, hat man selbst in der kleinen Grenzstadt inzwischen mitbekommen, welch grandiose Band Omnia ist. Da maximal ein Drittel echte Nürnberger/innen waren, war die „Audience“ für Steve von nun an die „Audience partly from Nürnberg“.
Ich habe in den letzten Jahren ja schon mehrere Omnia Konzerte erlebt und in der Zeit gab es ja auch einige Besetzungswechsel und trotzdem kommt es einen vor, wie wenn Omnia immer besser und besser werden. Auch wenn vor allem Luka und Maral sicher sehr positiv in Erinnerung bleiben. Das liegt vor allem auch daran, dass Gitarrist Philip Steenbergen (diesmal mit kurzen Haaren) und Slidgeridoospieler Daphyd Sens, der in Nürnberg 1 Jähriges Bandjubiläum feiern durfte (natürlich mit Ständchen vom Publikum versteht sich) „Stenny“ immer besser ergänzen und das jüngste Bandmitglied Rob van Barschot an den Drums ebenfalls gehörig für Action sorgt. Und so klingen viele Songs in neuem Gewand mit neuer Besetzung zwar anders, aber nicht weniger reizvoll, als früher. Und man ist auch weiterhin akustisch unterwegs und versucht nicht mit allerlei elektronischen Gimiks den Sound zu verändern. Warum? Die Antwort gibt Steve im Laufe des Konzerts unter großen Jubel des Publikums mit den Worten „because we are not a bunch of pussies“.

Ein weiterer Grund liegt sicher auch im Repertoire der Band. Die neueste CD der Band „Musick and Poetree“ ist das bisher abwechslungsreichste Album und führte dazu, dass man Omnia erstmals beim Festival Medival in Selb mit zwei sehr unterschiedlichen Programmen erleben konnte. Dem ruhigen Poetry-Teil und der lauteren Rockversion. Mit der Rockversion von Omnia tourte man die letzten Wochen durch Deutschland mit dem Abschluss nun im Nürnberger Hirsch. Nach einer Pause geht es dann im Mai in Deutschland u.a in Giesen und Leipzig weiter. Wer also nicht auf Selb warten kann, oder bis dahin große Entzugserscheinungen hat, sollte mal den Konzertplan studieren. Ich befürchte ich muss das auch machen, denn bereits am nächsten Tag erfasst einen so ein komisches Gefühl von Entzug. Und zwar nicht von diesem komischen Zeug an denen sich Holländer legal erfreuen dürfen und das die Band „natürlich nicht im Backstagebereich hat, weil man ja in Deutschland ist“ ( wie Steve vor der Zugabe mitteilte) sondern nach der Omnia-Musik, die auch Tage später nicht aus dem Kopf verschwinden will. Omnia sind einfach das perfekteste holländische Rauschmittel und das völlig ohne Gesundheitsrisiken und Nebenwirkungen. Aber sie machen fraglos süchtig.

Den Tourplan sollten aber auch all diejenigen aufmerksam studieren, die diese Band noch nie gehört haben. Das ist wirklich fahrlässig, wenn man mit Musik etwas anfangen kann. Und man muss kein Mittelalterfan sein, damit einem die Musik gefüllt. Man muss sich nur einfach darauf einlassen, so wie die nette Dame neben mir, die Omnia nicht kannte und nur weil die Freundin hin wollte mitgegangen ist. Und die danach total begeistert war, wie ich das schon vielfach nun bei Konzerten erlebt habe. Und sie haben es wirklich verdient vor vollen Häusern zu spielen, weil es großartige Musiker sind, weil sie etwas zu sagen haben und weil sie ohne Angst sich unbeliebt zu machen ihre Meinung herausposauen. Da bekommen nicht nur die Herren Politiker ihr Fett ab, denen wohl nicht wenige die Hölle wünschen, weil man inzwischen mehr für den Staat , als für sich arbeitet. Das wird genauso thematisiert an diesem Abend „maybe they let you keep a little bit“, wie der Überwachungsstaat incl. Steueridentifikationsnummer ala Orwell, die „not tattooed on your forehead“ ist, noch nicht. Es wird aber auch jeder einzelne Konzertbesucher in die Pflicht genommen etwas zu tun, für eine lebenswertere Welt und für das Recht auf Individualismus. Und das macht Steve auf seine ganz eigene charmante und unterhaltsame Art, die man nur live erleben kann und die es nicht auf Platte gibt. Und ein Statement darf auf keinen Konzert fehlen „Your government tells you , you need them. This is a great lie, without you there is no Germany“

Aber zurück zum Programm das ohne die ruhigen Poetry-Songs auskommt, die sind aber nicht vergessen sondern sollen in einer eigenen Tour wieder zu Gehör kommen. Das wurde bereits im Vorfeld angekündigt, so dass auch niemand enttäuscht ist, wenn gerade sein Poetry-Lieblingssong fehlt. Das ist eh ein Problem bei Omnia mit den Lieblingssongs. Es gibt inzwischen einfach soviele gute Lieder, dass irgendwas eigentlich immer fehlt. Diesmal fraglos „The Raven“ , aber dafür gab es das Kult-Kriegslied der Band „The Morrigan“ im Zugabeteil zusammen mit Steves Liebeserklärung an seine Heimat Cornwall zu hören. „The Morrigan“ wurde lautstark durch das Publikum unterstützt und bei Cornwall sah man auch im Publikum die eine oder andere kleine Cornwall-Flagge.

Es war der Höhepunkt eines Programms voller Höhepunkte. Egal ob Free, Human, Alive, Dance until we die (mit Daphyd im Duett gesungen), Love in the Forrest usw, es folgte Highlight auf Highlight, die Stimmung im Publikum und bei der Band stieg und stieg und Jenny hab ich selten so ausgelassen und fröhlich strahlend gesehen wie an diesem Abend. Egal ob an der Harfe, am Keyboard oder tanzend und trommelt sie sprühte nur so vor Energie.

Was das Erlebnis Omnia außerdem noch ausmacht, ist der optische Eindruck, das Licht und vor allem natürlich der Ton. Und alles war, wie man es von Omnia gewöhnt ist, einfach perfekt. Einen großen Fehler hatte der Abend trotzdem, er ging viel zu schnell zu Ende, auch wenn sich die Jungs und Jenny natürlich auch danach wieder viel Zeit für ihr Publikum nahmen und fleißig Autogramme schrieben. Und wie es bei einem Entzug halt so ist, nach der Vorfreude und dem Höhepunkt Konzert folgt die nächsten Tage erst mal Ernüchterung, weil der nächste Live-Auftritt mal wieder viel zu lange dauert. Zwar gibt es Omnia bis dahin auf CD, mit live zu vergleichen ist das aber leider nicht. Omnia sind eine geniale Live-Band mit extrem hohen Unterhaltungswert, geboren für die Bühne und ein echtes Muss, nicht nur für Pagan-Folk, Gothic, Mittelalter und Folkmusikfreunde sondern für alle, die Musik lieben. Und jedes Konzert kann man etwas neues lernen. Diesmal den Unterschied zwischen Pogo und Pagan Pogo. Der Anfang ist der gleiche , hüpfen , tanzen , durchdrehen zur Musik aber fällt einer neben Dir hin „pick him up“ wie Steve erkärte. Als dann nach dem vermeintlichen Konzertende die Musik einsetzte , ein unträgliches Zeichen , dass das Konzert nun zu Ende ist, hatte das Publikum noch immer nicht genug. Und so ließen sich Omnia erweichen, sicher auch ein Ausdruck dafür, wieviel Spaß man an diesem Abend selbst hatte und es gab das Sahnehäubchen oben drauf mit einer weiteren Zugabe, die stürmisch gefeiert wurde und fast nahtlos nach einem Erfrischungsweizen in die Autogrammstunde überging.

Bernd Sonntag