IN EXTREMO Rex Theater

Die Zeitreise der besonderen Art neigte sich am Samstag, dem 13.03.2010, allmählich dem Ende zu; das Konzert in Wuppertal sollte das drittletzte der „Tranquilo“-Tour von In Extremo sein.

Und glücklich, wer an dieser Zeitreise der sieben Vaganten ins frühe 20. Jahrhundert (noch einmal) teilhaben konnte.

Sehr gelungen prösentierte allein schon der Äußere Rahmen, denn das ehemalige Rex-Kino, das sonst eher Kleinkunst- und Kabarettauftritten dient, bot genau das rechte altmodische Flair, um die Band ins richtige Licht, Entschuldigung: Ambiente, zu rücken. Die Bühne war vielleicht etwas klein, doch das tat Stimmung und Atmosphöre vor (natürlich) ausverkauftem Haus keinerlei Abbruch.

Die „Merseburger Zaubersprüche“ eröffneten den bunten musikalischen Reigen, gefolgt von „Frei zu sein“, „Mein Sehnen“ und der „Lebensbeichte“. Ob es die Intimität der Örtlichkeit, das Fehlen von Absperrungen und Ordnern war, sei dahingestellt, jedenfalls gab es nicht lange nach Konzertbeginn bereits die ersten „Ausziehen“-Rufe. Was Micha Rhein zu der erleichterten Erwiderung veranlasste, dass die Rufe endlich von Frauen kämen, nachdem am Abend vorher ausschließlich Männer das Gleiche verlangt hätten. Und wen es interessiert: Nein, die Herren auf der Bühne kamen der Aufforderung auch aus weiblichem Mund nicht nach – bis auf Mütze und Schuhe des Herrn Rhein, die nach der Raucherpause nach der Hälfte des Konzerts hinter der Bühne bleiben mussten.

Selbiger Herr Rhein erwies sich auch als treu sorgender Gärtner, der die kleinen Osterglocken in einer Blechgießkanne auf dem Tisch mit Wasser versorgte und den dafür aufbrandenden Applaus mit den Worten kommentierte: „Für was heute so alles geklatscht wird!“

Nach der Pause meldeten sich die Musikanten mit „Vollmond“, „Die Gier“ und „En esta noche“ zurück, legten mit „Nur ihr allein“ eine formidable Swingnummer aufs Parkett, bevor es mit „Poc vecem“ wieder etwas ruhiger zuging.

„Was hast du denn da für einen langen Sack?“ Diese Frage aus Micha Rheins Mund an Flex den Biegsamen war es, die nicht nur im Publikum, sondern auch auf der Bühne große Heiterkeit auslöste und eine Dame aus dem Publikum zu dem Ausruf veranlasste: „Das ist aber nicht schön, wenn die lang sind!“ Wir werden das Thema an diese Stelle nicht vertiefen oder verlängern, erwähnt sei nur, dass es sich beim fraglichen langen Sack letztendlich doch um die Uilleann Pipes handelte, die bei „Liam“ zum Einsatz kommen. Täuschte es, oder musste sich Flex das gesamte Lied über tatsächlich mehr als einmal das Grinsen verkneifen?

Schnell, sicher für die meisten viel zu schnell, näherte sich der Abend seinem Ende, doch immerhin standen mit „Mein rasend Herz“, nur von Micha und Basti vorgetragen, „Long way to the top“, „Herr Mannelig“ und last but not least „Küss mich“ noch ein paar Kracher als Zugaben auf der Setliste.

Ob diese Form der Zeitreise jemals eine Wiederholung erfahren wird, ist ungewiss. Sicher ist aber eins: Es war ein Äußerst gelungenes Experiment, dem man zumindest wünscht, dass es sich in dieser oder ähnlicher Form irgendwann einmal wiederholen würde.

Petra Lindner