Landüber sind in NRW: Eines der wenigen Konzerte im Westen Deutschlands findet in einer kleinen Kneipe in Neuss statt. Im Hamtorkrug.
Nachdem Benni und Karl mit leichter Verspätung in der Location eintrafen und sie ihr ca. einstündiges Programm zum Besten gaben, stand Cellist Benni noch für ein paar Fragen zur Verfügung.
1. Ich habe im www einmal nach Landüber gegoogled, neugierig, was mir das weltweite Netz dazu anbieten würde und bin als Erstes auf eine Band aus Schleswig Holstein aufmerksam gemacht worden, die sich lanueber Nennt. Ist das bekannt?
Ja. Nachdem wir uns so benannt haben, ist uns das auch aufgefallen. Aber erst danach. Nee, warte, das war schon vorher, glaube ich. Aber damals haben wir gedacht, wir machen Kleinkunst und das auch noch in einer ganz anderen Ecke Deutschlands. Außerdem machen die was komplett anderes als wir.
Wir haben dann bei ihnen angefragt. Es sind ganz ganz nette ältere Herren, die viel Spaß an ihrer Musik haben.
Es gibt dazu auch was Lustiges zu erzählen. Wir haben einmal in Thüringen gespielt und bekamen dazu einen Vertrag per E-Mail zugeschickt. Dieser wurde aber an die Jungs von aus dem Norden geschickt und von ihnen an uns mit den Worten, „das ist sicher für Euch“, weitergeleitet.
2. Wie lange gibt es Euch nun schon? Und wie kam es zu Euch?
Es gibt uns, bzw. die CD seit 2007. Als Duo sind wir ungefähr ein Jahr vorher schon zusammen gewesen, also 2006. Wir haben uns für eine Ausstellungseröffnung gefunden, weil wir uns kannten. Da wir beide Musik gemacht haben, haben wir es miteinander versucht. Wir sind in den Proberaum gegangen und haben zwei Stücke eingespielt, die wir jetzt noch spielen und die auch auf der CD sind. Es war also ganz klassisch. Wir haben uns gesucht und gefunden.
3. Ich habe leider so überhaupt keine Ahnung vom Stil Eurer Musik. Es ist Jazz, oder wie nennt Ihr den Stil?
Ich tu mich da auch schwer mit solchen Angaben – denn wir haben uns getroffen und meinten, wir machen jetzt mal was zusammen und haben danach erst eine Musikbeschreibung gesucht. Nach einigem Hin und Her sind wir auf den Titel „Minimentalimpromantik“ gekommen. Minimalistisch, mental, improvisiert und romantisch. So ist alles beschrieben, was wir machen und wie und es klingt sogar noch gut. „Minimentalimpromantik“.
4. Improvisiert ist ein gutes Stichwort. Sind alle Eure Stücke eher so entstanden? Spontan? Oder gibt es dazu vorher ein Konzept?
Nein, es kommt alles einfach so. Wir schreiben keine Noten, sondern spielen einfach Melodien und nehmen, z. B. bei Proben, immer alles auf. Danach in einer ruhigen Minute hört man sich dann das Aufgenommene an und überlegt, was man daraus machen kann. Ich habe hunderte von Soundschnipseln zu Hause, die ich mir immer wieder anhöre und irgendwann kommt zu einem dieser Schnipsel plötzlich eine Idee und man geht zum anderen und er hört sie sich an. So sind z. B. zwei der Stücke auf der letzten Lesetour entstanden, wo wir einfach so vor dem Konzert ein wenig gejammt haben und dann festgestellten, dass dies gerade was richtig Gutes war. Ich spiele dann alles schon mal in meine Loop-Station ein und zu Hause wird es dann aufgenommen. Aber wenn eine Melodie knackt, wie z. B. bei „Das Ganze“, und die einmal drin ist, ist die auch nie wieder vergessen.
5. Warum eigentlich Landüber? Wie kam es zu dem Namen?
Der Name entstand genauso wie die CD-Reihenfolge. In einer Kneipe und über Nacht. Ich habe irgendwann eine SMS vom Karl bekommen, wie es mit dem Bandnamen Landüber wäre und ich fand, es passt. Und als wir dann Liedtitel gebraucht haben, saß ich in einer Kneipe und beim zweiten Bier schrieb ich ihm eine SMS und er meinte, dass es top wäre.
6. Wie kam es zum Album und wie wurde es aufgenommen?
Zum Album kam es, weil ganz viele danach gefragt haben. Ich habe mich lange Zeit gegen aus Aufnehmen auf CD gesperrt, weil es eben nur ein Nebenprojekt war, welches für Ausstellungseröffnungen und anderes gedacht war. Ich bin außerdem auch der Meinung, dass man Musik sehen muss. Man hört Musik ganz anders, wenn man den Musiker dazu auch sieht. Und das ist ja bei uns auch gewollt. Mit den ganzen Effekten und der Bewegung auf der Bühne, habe ich befürchtet, dass es ganz schwer würde, dies auf eine CD zu bringen. Wir haben das auch gemerkt, als wir ins Studio gingen. Wir haben gedacht, wir spielen so, wie wir das immer machen, aber das hat am Anfang überhaupt nicht funktioniert. Wir mussten uns noch einmal hinsetzen und die Stücke, jedes Einzelne, noch einmal angehen und in festere Bahnen bringen. Im Studio zu improvisieren ist wohl dann doch die Aufgabe von Profi-Jazzern, aber nicht die unsere.
7. Die nächste Frage ist hoffentlich nicht allzu schlimm, aber mich interessiert, warum einige Stück so wahnsinnig lang sind? „Seine Insel“ z. B. dauert über 13 Minuten. Spielt man da nicht auch ein wenig mit der Geduld des Zuhörers, der sich so lange konzentrieren muss?
Ich finde, deswegen heißt es ja auch minimalistisch. Ein Stück muss wirken und braucht auch so lange, wie es braucht. Wenn sich ein voller Ton aufbaut, dann dauert es das manchmal ein bis zwei Minuten und bei diesem Projekt habe ich die Chance, eben genau das einmal auszuleben. Wir haben die CD ja im Studio des Geigers der „Letzen Instanz“ aufgenommen, und der hat auch immer rumgeflucht über uns und unsere „ewig langen Stücke“. Aber zum Schluss fand er es auch schön, weil es nun mal so ist. Wir setzen es ja nicht darauf an, ein Stück zu spielen, welches 13 Minuten lang ist, sondern hatten eine Idee, die wir ausgebaut haben und als wir danach auf die Uhr schauten, waren halt 13 Minuten ins Land gegangen. Also blieb es dann so.
8. Wie lange probt Ihr im Allgemeinen und für Eure Auftritte im Besonderen?
Gerade ganz wenig. Eine zweite CD ist gerade im Entstehen und daher denke ich, dass es jetzt mehr werden wird. Wenn wir proben, dann einen Tag lang. Wir treffen uns in der Früh und gehen abends nach Hause. Wir wohnen nicht weit voneinander entfernt.
Vor Konzerten proben wir inzwischen gar nicht mehr. Da sind wir schon so eingespielt, dass wir uns einfach treffen, auf Konzert fahren und gut. Wenn wir mal was Neues machen wollen, dann proben wir schon noch, aber sonst, eher nicht.
9. Man spürt bei Euch beiden die Leidenschaft zu dieser Art von Musik und den Instrumenten. Wie kommt man auf die Instrumente und auch darauf, die so lange spielen zu wollen?
Da kann ich leider nur für mich selbst sprechen. Ich musste ab der 1. Klasse in die Musikschule. Das war gesetzt. Aber meine Eltern wollten mich selbst entscheiden lassen, welches Instrument es denn sein sollte. Mit 6 habe ich mich für das Schlagzeug entschieden. Meine Mutter meinte dazu, gut und ich hätte es tatsächlich lernen dürfen. Aber in der Musikschule wurde uns dann gesagt, dass dies erst ab dem 4. Schuljahr möglich ist. Das ist wohl immer noch so, dass die lieber ältere Kinder nehmen, was ich für völligen Quatsch halte, denn je früher man ein Instrument lernt, desto besser ist es.
Ich war natürlich sehr traurig damals, aber es ließ sich ja nicht ändern. Ich bin dann von selbst auf ein Streichinstrument gekommen. Die Geige war mir zu weiblich, zu hoch, zu quietschig – und so habe ich mich fürs Cello entschieden. Ich war dann schon stolz auf das große Instrument und hab das auch nie jemand anderen tragen lassen.
In der 10. Klasse hab ich mir dann aber noch meinen Traum erfüllt und hab Schlagzeug gelernt und in der 12. Klasse kam dann die Postkarte ins Haus geflattert, ob ich bei der Instanz mitspielen will und dann habe ich eben das Cello wieder rausgeholt und bin dabei geblieben.
Zur Passion kam es durch das Spiel mit den Effekten. Ich habe auch schon alleine mit dem E-Cello gespielt, aber wenn man alleine spielt, fehlt ein Melodie-Instrument. Man kann sich ja nicht selbst begleiten. Und so kam ich dann auf die Idee mit den Effekten auf zwei verschiedenen Spuren.
10. Ihr seid nun schon sehr lange unterwegs mit der CD. Wie ist das Fazit bisher? Wie kam die Scheibe an?
Immer gigantisch. Die Leute sind leider schwer dazu zu bewegen, erst einmal überhaupt in unsere Konzerte zu kommen, weil man wahrscheinlich was anderes erwartet, wenn man uns so auf der Straße sieht. Vielleicht glaubt man uns nicht, dass wir so schöne Musik machen können, ich weß es nicht. Dann hat wohl auch der Name Landüber nicht unbedingt die Wirkung, dass man sich direkt etwas darunter vorstellen kann und so müssen wie die, die auf die Konzerte kommen, davon umso mehr überzeugen. Und die sind auch immer sehr begeistert. Wir verkaufen sehr viele CDs und das bestätigt uns ja dann wieder in unserer Arbeit. Und so machen wir eben weiter.
11. Wie oft und lange seid Ihr denn im Jahr so unterwegs?
Also man kann sagen, dass wir so an die 10 Mal im Monat spielen.
12. Kann man dann nebenbei noch was anderes machen?
Klar, die Instanz z. B. und ich habe auch noch eine andere Band und auch der Karl hat noch andere Projekte. Insgesamt ist das schon viel. Aber so richtig unterwegs sind wir ja nicht ständig. Kleinere Sachen, wie eben die Ausstellungseröffnungen machen wir nach wie vor, oder wir spielen mal auf Empfängen im Rathaus, oder auch privat, eben alles, was so angefragt wird.
13. Habt Ihr vor, mit Landüber mal irgendwann größer zu werden oder kann man das mit dieser Art von Musik gar nicht?
Es ist Kleinkunst. Und als solche auch darauf angelegt, klein zu bleiben. Es ist schön, dass wir nicht mit großen LKWs unterwegs sein müssen, sondern alles, was wir brauchen in einen Kleinwagen bekommen. Wir haben unser Set innerhalb einer halben Stunde aufgebaut und in einer viertel Stunde wieder abgebaut.
In Räumen wir hier im Hamtorkrug, oder auch kleine Kirchen ist es ideal für uns. Was anderes käme gar nicht in Frage. Die Wirkung wäre eine ganz andere und nicht mehr die, die wir erzielen wollen.
14. Du sprachst auch gerade von noch einem anderen Projekt. Darf ich danach fragen?
Das ist was ganz großes. Da spielen Karl und ich auch wieder zusammen. Ein Projekt, welches nicht irish, sondern traditional Folk spielt. Also was völlig anderes, mal wieder. Akustischer Folk mit einer Band, die aus 14 Mitgliedern besteht. 6 Geiger, 1 Saxophon, 2 Akkordeons, 3 Gitarren, 1 Mandoline, 1 Cello.
Nennt sich „Folkdestille Jena“. Sollte eigentlich eine einmalige Sache werden, just for fun, hat aber so eingeschlagen, dass wir sogar einen ganz großen europäischen Folk-Preis bekommen haben, ohne den eigentlich wirklich haben zu wollen. Aber wir haben uns ja auch angestrengt. Aber das ist das nächste Projekt.
Wir haben auch neulich erst wieder Filmmusik gemacht. Das haben wir schon einmal getan. Außerdem haben wir mit einer Feuershow gearbeitet, auch genial.
Die Lesetour wird ja nun auch ausgebaut. Also über Langeweile können wir uns wirklich nicht beschweren.
Dann bleibt nur noch zu wünschen, dass es weiterhin so läuft wie Ihr es Euch vorstellt und weiterhin ganz viel Spaß bei dem habt, was Ihr macht und bedanke mich recht herzlich für die Zeit und das schöne Konzert eben.
K. von Kleve