Faun Acoustic Tour, Bochum 2012

Es ist eines der ersten Konzerte, das Faun in der Neubesetzung spielen. Sonja Drakulich und Stephan Groth feiern ihre Prämiere auf der Acoustic Tour 2012 und stellen sich dem erwartungsvollen Publikum, das in Bochum in der Christuskirche Platz genommen hat. Für Fauns Balladen ist die Kirche genau der richtige Ort, denn in ihr klingen die Lieder noch schöner und sphärischer.

Und so füllen sich an diesem Dienstagabend die Kirchenbänke und das wie immer sehr gemischte Publikum begutachtet die Bühne, auf der zum ersten Mal Sonjas Hackbrett steht. Als die Band die Bühne betritt, fallen sofort die schönen Kleider der Damen auf. Im Licht der Scheinwerfer erstrahlen Fiona und Sonja in goldenen Tönen und bilden den Kontrast zu den schwarzgekleideten Herren.

Eröffnet wird das fast 2,5 stündige Konzert von altbekannten Liedern, wie „Ne Alouj El“ und „Da Que Deus“. Sonja und Fiona harmonieren gut miteinander, aber an die zusätzliche Stimme von Stephan muss man sich erst gewöhnen. Da Sonja erst seit 2,5 Wochen in Deutschland weilt ist es auch kein Problem, dass der Text bei „Von Den Elben“ teilweise abgelesen werden muss. Bei dem umfangreichen Programm, ist es schon eine Leistung, in der kurzen Zeit alles zu lernen. Dafür schauen die anderen bei den Liedern von Stellamara ab und zu auf ihre Hilfszettel.

Da Fiona ihren Dudelsack immer dann stimmt, wenn Oliver gerade eine Ansage macht, wird von ihm gleich auf die kleine Katze hingewiesen, die dort drinnen eingesperrt ist und diese Töne von sich gibt. Auch lässt er es sich nicht nehmen zu sagen, Stephan mässe eine neue Platte in seine Drehleier einlegen, wenn dieser etwas daran verstellen muss. Und das mit seinem charakteristischen Sarkasmus, der das Publikum immer zum Lachen bringt.

Nach der Geschichte von „Herr Heinerich“ geht es in die 20 minütige Pause, die genutzt werden kann, um die ein oder andere CD zu erwerben. Aber eigentlich wollen alle nur, dass es weitergeht. Der zweite Teil des Abends bietet viel Neues. Das erste Stück „3 Wanderer“ aus dem Repertoire von Stephans Band „Liederlicher Unfug“, fügt sich gut ein und wird ohne Sonja gespielt. Danach folgt „Polska Fran Larsson“, ein rein instrumentales Stück, bei dem nur Fiona, Oliver und Stephan auf der Bühne sind. Als auch Sonja und Rüdiger wieder oben sind, folgt das Lied „Szerelem“ von Stellamara, was wie Oliver sagt eins der schwersten Stücke ist, das sie je gespielt haben. Das merkt man Faun aber gar nicht an und wird mit viel Applaus vom Publikum belohnt. Bei diesem Stück, wie auch den ganzen Abend hindurch, zeigt Stephan seine unglaublichen Fähigkeiten an der Drehleier. Fast mühelos spielt er die kompliziertesten Läufe und hat dabei immer ein Lächeln auf den Lippen. Er ist eine wahre Bereicherung für Faun.

Noch ein neues Stücke präsentieren sie mit „Subrali Sa Se Subrau“, das vierstimmig a capella gesungen wird, bevor bei „Ynis Avalach“ wieder alle zu ihren Instrumenten greifen und Rüdiger ein langes und wirklich sehr beeindruckendes Solo hinlegt. Er selbst ist ganz in Trance und auch die anderen Faune lauschen seinem Können mit einem Lächeln im Gesicht. Sein verdienter Applaus muss aber schnell wieder aufhören, da das Lied ohne Unterbrechung weitergespielt wird.

Als Oliver als letztes Stück „Cuncti Simus Concanentes“ ansagt, möchte er, da es in lateinischer Sprache ist, es auch auf Latein einzählen. Sein Versuch es mit „i, ii, iii“ zu machen, führt allerdings zu viel Gelächter im Publikum und auf der Bühne. Auch sei es möglich, dass Faun bei entsprechenden Reaktionen aus dem Publikum, noch eine Zugabe spielen werden. Und so gibt es die erste Zugabe (Tinta) und auch noch eine zweite Zugabe (Tagelied), bevor Faun mit Standing Ovations verabschiedet werden. Glückliche Gesichter auf beiden Seiten.

Die Acoustic Tour mit ihren unveröffentlichten und neuen Liedern ist wahrlich sehr schön anzuhören und gar nicht so ruhig, wie man sich so eine Tour vorstellt.

Setlist:

Ne Alouj El
Da Que Deus
Karuna
Von Den Elben
The Butterfly/Adam Lay Ibounden
Resulina
Herr Heinerich

3 Wanderer
Polska Fran Larsson
Szerelem
Halling
Subrali Sa Se Subrau
Ynis Avalach
Cuncti Simus Concanentes

Tinta

Tagelied

Omnia in Nürnberg

Eins muss ich zu meinem kleinen Omnia-Bericht und den Bildern gleich vorausschicken. Sie werden dem Abend auf keinem Fall gerecht. Denn die Energie, die bei diesem Konzert von der Bühne herunter auf die Zuschauer wirkte, und vor allem auch die Energie des Publikums, die auf die Bühne zurückreflektiert wurde, gelingt es mit keiner Kamera der Welt in Bildern einzufangen. Leider muss man sagen. Denn Omnia verwandelten den Hirsch in ein Tollhaus. War die Stimmung im letzten Jahr schon sehr gut, in diesem Jahr war die im vorderen Bereich gutgefüllte Sauna Hirsch ein echter Hexenkessel und Magier Steve und seine Flöten und der Rest von Omnia taten alles, um den Leuten einen unvergessenen Abend zu bescheren. Und dabei hatten sie, wie immer wenn sie live auf der Bühne stehen, sichtlich Spaß. Den hatte aber auch das Publikum, das nur teilweise aus Nürnberg kam, wie man spätestens nach Steves Publikumsfrage feststellen konnte. So bestand die erste Reihe neben einer ganzen Reihe von Omnia Fans, die sie schon gestern in München gesehen hatten über einer Familie aus der Nähe von Heilbronn auch aus 4 Personen aus der Ecke von Selb. Denn Dank des Festivals Mediavals, bei dem Omnia 2012 wieder eines der Highlights sein werden, hat man selbst in der kleinen Grenzstadt inzwischen mitbekommen, welch grandiose Band Omnia ist. Da maximal ein Drittel echte Nürnberger/innen waren, war die „Audience“ für Steve von nun an die „Audience partly from Nürnberg“.
Ich habe in den letzten Jahren ja schon mehrere Omnia Konzerte erlebt und in der Zeit gab es ja auch einige Besetzungswechsel und trotzdem kommt es einen vor, wie wenn Omnia immer besser und besser werden. Auch wenn vor allem Luka und Maral sicher sehr positiv in Erinnerung bleiben. Das liegt vor allem auch daran, dass Gitarrist Philip Steenbergen (diesmal mit kurzen Haaren) und Slidgeridoospieler Daphyd Sens, der in Nürnberg 1 Jähriges Bandjubiläum feiern durfte (natürlich mit Ständchen vom Publikum versteht sich) „Stenny“ immer besser ergänzen und das jüngste Bandmitglied Rob van Barschot an den Drums ebenfalls gehörig für Action sorgt. Und so klingen viele Songs in neuem Gewand mit neuer Besetzung zwar anders, aber nicht weniger reizvoll, als früher. Und man ist auch weiterhin akustisch unterwegs und versucht nicht mit allerlei elektronischen Gimiks den Sound zu verändern. Warum? Die Antwort gibt Steve im Laufe des Konzerts unter großen Jubel des Publikums mit den Worten „because we are not a bunch of pussies“.

Ein weiterer Grund liegt sicher auch im Repertoire der Band. Die neueste CD der Band „Musick and Poetree“ ist das bisher abwechslungsreichste Album und führte dazu, dass man Omnia erstmals beim Festival Medival in Selb mit zwei sehr unterschiedlichen Programmen erleben konnte. Dem ruhigen Poetry-Teil und der lauteren Rockversion. Mit der Rockversion von Omnia tourte man die letzten Wochen durch Deutschland mit dem Abschluss nun im Nürnberger Hirsch. Nach einer Pause geht es dann im Mai in Deutschland u.a in Giesen und Leipzig weiter. Wer also nicht auf Selb warten kann, oder bis dahin große Entzugserscheinungen hat, sollte mal den Konzertplan studieren. Ich befürchte ich muss das auch machen, denn bereits am nächsten Tag erfasst einen so ein komisches Gefühl von Entzug. Und zwar nicht von diesem komischen Zeug an denen sich Holländer legal erfreuen dürfen und das die Band „natürlich nicht im Backstagebereich hat, weil man ja in Deutschland ist“ ( wie Steve vor der Zugabe mitteilte) sondern nach der Omnia-Musik, die auch Tage später nicht aus dem Kopf verschwinden will. Omnia sind einfach das perfekteste holländische Rauschmittel und das völlig ohne Gesundheitsrisiken und Nebenwirkungen. Aber sie machen fraglos süchtig.

Den Tourplan sollten aber auch all diejenigen aufmerksam studieren, die diese Band noch nie gehört haben. Das ist wirklich fahrlässig, wenn man mit Musik etwas anfangen kann. Und man muss kein Mittelalterfan sein, damit einem die Musik gefüllt. Man muss sich nur einfach darauf einlassen, so wie die nette Dame neben mir, die Omnia nicht kannte und nur weil die Freundin hin wollte mitgegangen ist. Und die danach total begeistert war, wie ich das schon vielfach nun bei Konzerten erlebt habe. Und sie haben es wirklich verdient vor vollen Häusern zu spielen, weil es großartige Musiker sind, weil sie etwas zu sagen haben und weil sie ohne Angst sich unbeliebt zu machen ihre Meinung herausposauen. Da bekommen nicht nur die Herren Politiker ihr Fett ab, denen wohl nicht wenige die Hölle wünschen, weil man inzwischen mehr für den Staat , als für sich arbeitet. Das wird genauso thematisiert an diesem Abend „maybe they let you keep a little bit“, wie der Überwachungsstaat incl. Steueridentifikationsnummer ala Orwell, die „not tattooed on your forehead“ ist, noch nicht. Es wird aber auch jeder einzelne Konzertbesucher in die Pflicht genommen etwas zu tun, für eine lebenswertere Welt und für das Recht auf Individualismus. Und das macht Steve auf seine ganz eigene charmante und unterhaltsame Art, die man nur live erleben kann und die es nicht auf Platte gibt. Und ein Statement darf auf keinen Konzert fehlen „Your government tells you , you need them. This is a great lie, without you there is no Germany“

Aber zurück zum Programm das ohne die ruhigen Poetry-Songs auskommt, die sind aber nicht vergessen sondern sollen in einer eigenen Tour wieder zu Gehör kommen. Das wurde bereits im Vorfeld angekündigt, so dass auch niemand enttäuscht ist, wenn gerade sein Poetry-Lieblingssong fehlt. Das ist eh ein Problem bei Omnia mit den Lieblingssongs. Es gibt inzwischen einfach soviele gute Lieder, dass irgendwas eigentlich immer fehlt. Diesmal fraglos „The Raven“ , aber dafür gab es das Kult-Kriegslied der Band „The Morrigan“ im Zugabeteil zusammen mit Steves Liebeserklärung an seine Heimat Cornwall zu hören. „The Morrigan“ wurde lautstark durch das Publikum unterstützt und bei Cornwall sah man auch im Publikum die eine oder andere kleine Cornwall-Flagge.

Es war der Höhepunkt eines Programms voller Höhepunkte. Egal ob Free, Human, Alive, Dance until we die (mit Daphyd im Duett gesungen), Love in the Forrest usw, es folgte Highlight auf Highlight, die Stimmung im Publikum und bei der Band stieg und stieg und Jenny hab ich selten so ausgelassen und fröhlich strahlend gesehen wie an diesem Abend. Egal ob an der Harfe, am Keyboard oder tanzend und trommelt sie sprühte nur so vor Energie.

Was das Erlebnis Omnia außerdem noch ausmacht, ist der optische Eindruck, das Licht und vor allem natürlich der Ton. Und alles war, wie man es von Omnia gewöhnt ist, einfach perfekt. Einen großen Fehler hatte der Abend trotzdem, er ging viel zu schnell zu Ende, auch wenn sich die Jungs und Jenny natürlich auch danach wieder viel Zeit für ihr Publikum nahmen und fleißig Autogramme schrieben. Und wie es bei einem Entzug halt so ist, nach der Vorfreude und dem Höhepunkt Konzert folgt die nächsten Tage erst mal Ernüchterung, weil der nächste Live-Auftritt mal wieder viel zu lange dauert. Zwar gibt es Omnia bis dahin auf CD, mit live zu vergleichen ist das aber leider nicht. Omnia sind eine geniale Live-Band mit extrem hohen Unterhaltungswert, geboren für die Bühne und ein echtes Muss, nicht nur für Pagan-Folk, Gothic, Mittelalter und Folkmusikfreunde sondern für alle, die Musik lieben. Und jedes Konzert kann man etwas neues lernen. Diesmal den Unterschied zwischen Pogo und Pagan Pogo. Der Anfang ist der gleiche , hüpfen , tanzen , durchdrehen zur Musik aber fällt einer neben Dir hin „pick him up“ wie Steve erkärte. Als dann nach dem vermeintlichen Konzertende die Musik einsetzte , ein unträgliches Zeichen , dass das Konzert nun zu Ende ist, hatte das Publikum noch immer nicht genug. Und so ließen sich Omnia erweichen, sicher auch ein Ausdruck dafür, wieviel Spaß man an diesem Abend selbst hatte und es gab das Sahnehäubchen oben drauf mit einer weiteren Zugabe, die stürmisch gefeiert wurde und fast nahtlos nach einem Erfrischungsweizen in die Autogrammstunde überging.

Bernd Sonntag