Staubkind, 27.11.2012 Gasometer Zwickau

Ein bißchen wie Heimkommen war das Konzert von Staubkind am Samstag im Zwickauer Gasometer für Bandchef und Sänger Louis Manke, stammt er doch aus Zwickau, gerade mal 5 km weg wie er in einer Ansage betonte. Leider nur eine von ganz wenigen, denn zu erzählen von seinem bisherigen Musikerleben hat er genug. Und so gibt es unter Interviews auf www.jarwinbenadar.de ein ausführliches Staubkind-Interview. Bereitwillig hat sich Louis viel Zeit für uns genommen, um unsere Neugier zu befriedigen. Wir erlebten einen super netten und entspannten Bandchef, der die letzten Monate genossen hat und die vielen positiven Eindrücke auf sich wirken lässt. Genauso entspannt und sichtbar glücklich und zufrieden stand er übrigens auch auf der Bühne, nichts zu spüren von Nervosität und man sah ihm an, wie er den Moment und das mitgehende Zwickauer Publikum genoss. Das hatte sichtlich Spaß und besonders bei den ruhigen Songs als kräftig mitgesungen wurde hatte das Konzert seine stärksten Momente.

Genauso wie er konnte seine 4-Mann-Band überzeugen und war mit Leidenschaft dabei. Allen voran der Keyboarder Henrik Böhl, der schon nach der Hälfte des Konzerts im eigenen Saft zu schmoren schien. Das lag aber nicht nur an den angenehmen Temperaturen des Gasometers, während draussen der Winter Zwickau einschneite. Sondern vor allem auch an ihm, so leidenschaftlich haute er in die Tasten und lebte die Musik mit. Und da Louis eigentlich fast während des ganzen Konzerts so richtig Gas gab, blieb kaum Zeit zum Luftholen und an abschwitzen war schon gar nicht zu denken. Überhaupt ist der kleine Berliner ein echter Wirbelwind. Ständig ist er von links nach rechts und von rechts nach links auf der Bühne unterwegs und bringt deswegen so manchen Hobbyfotografen zur Verzweiflung weil die Auslöseverzögerung nach Scharfstellen länger dauerte, als Louis auf einen Fleck verweilte.

Staubkind zählen seit der Gründung 2003 zu den Bands der schwarzen Szene, ihre Musik wird ähnlich wie bei Unheilig inzwischen aber nicht nur von den Szeneanhängern gehört, logischerweise genießen sie nicht die gleiche Aufmerksamkeit wie der „Gothic-Graf“, der inzwischen zum erfolgreichsten Deutschen Sänger mutiert ist. Aber Aufmerksamkeit genießen Staubkind, sicher auch Dank der letzten Unheilig Tour, die man supportet hat inzwischen auch im Nicht-Gothic-Bereich. Das zeigen nicht zuletzt die Verkaufszahlen. „Fang Dir Deine Träume“, 2012 erschienen, nahm mühelos den Weg in die Top 100 Albumcharts. Kein Wunder, ist die Musik von Staubkind durchaus massenkompatibel und das im positiven Sinne. „Fang Dir Deine Träume“ ist aber auch eine gelungene Scheibe geworden und es lohnt sich wirklich einmal reinzuhören. Und so gab es beim Konzert natürlich viel aus der neuen CD, selbstverständlich gab es aber auch Musik aus den zwei früheren Scheiben, man bekam also einen wirklich guten Eindruck vom musikalischen Schaffen Staubkinds, sehr zur Freude vieler Staubkinder, die bereits 2 Std vor Hallenöffnung geduldig vor der Tür warteten. Und neben den ganzen eigenen Songs gab es auch 2 Coverversionen zu Gehör. Die eine, von Selig, mit dem Titel „Ohne Dich“ wurde auf der zweiten Staubkind CD „Traumfänger“ 2004 veröffentlicht, zu einer Zeit als es die Band Selig schon lange nicht mehr gab. Zum Glück hat sich die Band nach ihrer Auflösung 1999 2008 wieder neu gegründet und vielleicht hat der eine oder andere Konzertbesucher nach dem Konzert so richtig Lust bekommen in die Musik um Ausnahmesänger Jan Plewka einmal reinzuhören. Es lohnt sich, wie Manke vor dem Stück betonte.

Coverversion Nummer 2 stammt von Karusell, ist die geheime DDR- Nationalhymne und das melancholische Lied passt geradezu perfekt ins Staubkind Programm. Und da es bis heute im Westen immer noch viel zu wenig Menschen kennen, ist es doppelt schön, dass Staubkind den für mich schönsten Ostsong am Leben halten.

Nichts ist unendlich, so sieht es doch aus heißt es in dem Song. Dies gilt natürlich auch für das Staubkind und so war um 0:00 Uhr nach der Zugabe dann auch endgültig Schluss. Zuvor wurde sich aber noch beim Publikum bedankt, die großartige Location gewürdigt und den Zuhörern mitgeteilt, dass man sich gleich am Merchandise zum Plausch und Autogrammeschreiben wieder trifft.

Scream Silence

Losgegangen ist das Konzert übrigens pünktlich um 21.00 mit dem ein- stündigen Auftritt von Scream Silence, einer befreundeten Berliner Dark-Alternative-Band, der man genug Zeit gab den Gasometer- Besuchern einen Teil ihrer Dark-Rock-Songs vorzustellen. Bereits seit 1998 gibt es Scream Silence nun schon, es sind also alles andere als Newcomer, die da auf der Bühne standen. Und mit 8 Alben hat man bis heute auch einen respektablen Plattenkatalog zusammengebracht. Mit Auftritten beim Mera Luna, dem Blackfield und natürlich auch beim WGT ist die Band in der Gothic Szene auch durchaus bekannt und ihre Werke wurden auch in der Fachpresse wie Sonic Seducer, Zillo und Orkus gelobt. Unter anderem als CD des Monats, das heißt schon was. In all den Jahren gab es einige Besetzungswechsel und auch der Sound veränderte sich. Doch bis heute bleibt man den düsteren Klängen treu. Die passen auch hervorragend zur Stimme von Sänger Hardy Fieting der etwas wie der ältere Bruder von Gitarrist Hagen Schneevoigt ausschaut. Schade, dass die im Gasometer nicht so ganz zur Geltung kam. Das lag zum einen an der relativ kurzen Soundcheckzeit die man zur Verfüügung hatte und am Gasometer selbst. Denn hier einen guten Sound hinzubringen ist für jeden Tontechniker eine echte Herausforderung. Mit Staubkind ist man nicht nur freundschaftlich verbunden, man hat in diesem Jahr ebenfalls eine neue CD am Start, die man schlicht Scream Silence betitelt hat und dem Zwickauer Publikum vorstellen will. Doch natürlich ist auch für ältere Songs Platz auf der Setlist und so bekommt man einen echt guten Überblick über das musikalische Schaffen einer Band die sich etwas wie eine gitarrenlastigere Mischung von Depeche Mode meets the Mission anhört. Der Auftritt, wenn auch nicht klanglich optimal, macht trotzdem Lust auf mehr, auch dem Publikum , so dass es sehr zur Publikumsfreude noch eine musikalische Zugabe gab. Und wenn man sich dann mal auf die neue CD einlässt, wird man feststellen, dass Scream Silence eine erstaunliche Klangvielfalt zu bieten haben, natürlich immer dominiert von Fietings schö anzuhörnder Stimme.

Und so bekamen die Zuhörer im gut besuchten Zwickauer Gasometer viel geboten zu einem sehr fairen Eintrittspreis. Wer Lust auf das musikalische Doppel Staubkind-Scream Silence bekommen hat sollte sich aber beeilen, mehrere Konzerte der Tour melden schon ausverkaufte Hallen.

Bernd Sonntag