Blackfieldfestival 2010

Bereits zum dritten Mal, lud die am Rhein-Herne-Kanal gelegene idyllische Kulisse des Amphitheaters, zum schwarzen Showlauf ein. Schenkte man der Wetterprognose im Vorfeld Beachtung, so sollte man leider wieder ein regen/bewölkt Duplikat vom letzten Jahr erwarten dürfen. Doch nur die Harten kommen in den Garten und trotz wolkiger Aussichten, scheuten sich Tausende schwarze Seelen nicht, wieder nach Gelsenkirchen zu pilgern. Wie schon bekannt von den beiden vergangenen Jahren, sorgte der Veranstalter auch dieses Mal wieder für ein ausgewogenes Bukett, verschiedenster düster musikalischer Delikatessen, ein Spagat aus Gothic, Rock, Electro, Industrial und EBM. Neben den großen Zugpferden beschallten zudem auch wieder viele Geheimtipps die Reihen vor der Bühne.

„Vorsicht schwarz“ Dieses Schild hätte wohl, laut dem Gesichtsausdruck vieler Radfahrer, an den Wegen positioniert werden müssen. Ohne Vorwarnung befanden diese sich plötzlich inmitten eines Reigen, aus bekleideten Schwarzträgern, die sich im Burlesque, Fetisch und Cybergoth Outfit vor dem Einlass gruppierten. Nervös und mit heruntergelassener Kinnlade, zogen die „normalen“ Ausflügler, im „Schockzustand“ bei unserem Eintreffen um 11.30 Uhr an uns vorbei. Schnell noch unser Bändchen abgeholt und vorbei an einer sehr netten Security. Hier gilt zu erwähnen, dass Tetrapacks bis 1,5 Liter mit aufs Gelände genommen werden durften, genauso wie Spiegelreflexkameras. Auch Schließfächer konnten für 3,00 Euronen in Beschlag genommen werden. Ein wenig Zeit blieb noch, sich die Händlermeile anzuschauen, die neben diversen Merchständen auch Mittelalter, Fetisch und Szenemode präsentierte. Eine große Auswahl an Speis und Trank wurde angeboten, wenn auch gleich zu teilweise zu leicht überzogenen Preisen (z.B. Pommes + Majo 3,00 Euro).

Tag 1 (12.06.2010)

SCREAM SILENCE
Gegen 12.00 Uhr fiel dann der Startschuss für die erste Band „SCREAM SILENCE“, die mit ihrem Goth-Rock Sound schon einige näher zur Bühne lockten. Einen Namen hat sich die Band bereits auf dem WGT gemacht, auch konnte die Formation mit einigen Songs bereits in den relevanten europäischen Genre Charts glänzen. In den 30 Minuten Spielzeit hielten sie u. a. Hits wie „The Vitriol“ oder „Harvest“ für die Menge bereit und ernteten damit zahlreiche Jubelrufe, so das Frontmann Hardy Fieting, sichtlich imponiert von so viel Zuspruch, zur Verabschiedung das Mikro in den Bühnengraben viel.

JESUS ON EXTASY
Nach einer kurzen Umbauphase ging es weiter mit druckvollem Synth-Rock aus dem Hause JESUS ON EXTASY, eine Band die man hier im Ruhrgebiet wohl nicht mehr groß vorstellen muss. JOE drückten ordentlich auf’s Gaspedal und begeisterten u. a. mit „Church of Extasy“ sowie „Neochrome“ und einem neuen Song „No Gods“. Einige stellten sich zudem am Rande die Frage „Nanu die Keyboarderin kenne ich doch von Diary of Dreams?!“ richtig, Ophelia Dax – bekannt durch ihr Soloprojekt Leandra, betätigt derzeit auch die Tasten bei den Liveterminen von D.o.D. Die Kanalbühne brachte JOE jedenfalls ordentlich zum Wackeln und Sänger Dorian Deveraux verkündete zudem, das noch im August diesen Jahres, das neue Album „No Gods“ in den Läden stehen wird.

AESTHETIC PERFECTION
Als gegen 13.30 Uhr Daniel Graves incl. Livecrew die Bühne betrat, brachten sich viele Tanzwütige schon mal in Position, bedacht werden sollten nun Anhänger elektronischer Musik. Kalifornischer Elektro-Industrial wummerte aus den Bühnenboxen und viele tanzten euphorisch, den durch den vorangegangenen Nieselregen durchnässten Boden einfach trocken.

GIRLS UNDER GLAS
Es sollte erstmal elektronisch bleiben. Die Hamburger dreier Konstellation – GIRLS UNDER GLAS – versuchte mit Stücken wie „Ohne Dich“, „Down In The Park“ und dem brandneuen Track „We Feel Allright“ mindestens, die gleiche Resonanz wie ihre Vorgänger zu erzielen, doch dies nur mit mäßigem Erfolg.

ZEROMANCER
Für uns ganz klar eines der Highlights des Tages. Mit den sympathischen Norwegern wurde der Grad der Begeisterung vor der Bühne neu ausgerichtet. Krachend präsentierten die Jungs ein Hit nach dem anderen u.a „Clone Your Lover“, „Need You Like A Drug“, „It Sounds Like Love“ und last but not least „Dr. Online“. Dass sie sich bei ihrer Performance ordentlich verausgabten, konnte man anhand von Lorry Kristiansens Nasenbluten sehen. Auch hätte die Band beinahe, aus gesundheitlichen Gründen, nicht auftreten können. Doch war es dem Betroffenen sehr wichtig, diese Show trotz Erkrankung durchzuführen. Ein Auftritt, der in Erinnerung bleiben wird.

DIORAMA
Das durch Torben Wendt 1996 ins Leben gerufene Musikprojekt DIORAMA, überraschte uns mit ihrem Auftritt. Zugegeben als Elektromuffel haben wir bisher immer einen Bogen um das aktuelle Werk „Cube“ gemacht. An diesem Tag sollten wir uns aber eines Besseren belehren lassen. Nummern wie „Synthesize Me“ oder „Kein Mord“ verfehlten auch bei uns ihre Wirkung nicht. Die musikhungrige Meute im Amphitheater, die sich tanzend zu den Rhythmen und Beats bewegte, feierte enthusiastisch mit. Durchaus kann man hier, von einer gelungenen Performance sprechen.

VIVE LA FETE
Kommen wir nun zu unserem persönlichen Flopp des Tages. Bei der Belgischen Elektro-Pop Formation VIVE LA FETE, rollten sich bei uns die Fußnägel in den Schuhen ein. Das stellenweise auftretende Geschrei von Sängerin Els Pynoo, erinnerte an ein Tier, kurz vor dem Bolzenschuss. Uns verging wirklich alles, einige hartgesottene standen zwar noch vor der Bühne, aber selbst die Fotografen kamen kopfschüttelnd aus dem Fotograben.

DEATHSTARS
Fahle Haut und ein düsterer kalter elektronisch beeinflusster Metal-Sound „Made in Sweden“. Damit leitet sich unser zweites Highlight des Tages ein. Jedoch gab es zu Beginn erst einmal einige technische Probleme. So ging die markant dunkle Stimme von Frontman Whiplasher Bernadotte erst einmal unter. Mit im Verlauf besser werdenden Sound, feuerten sie dann aber ihr ganzes Repertoire an Hits, auf das headbangende Publikum nieder und so durften u.a „New Dead Nation“, „Mark Of The Gun“ und „Blood Stains Blondes“ eben sowenig fehlen, wie die klassischen Granaten „Blitzkrieg“, „Cyanide“ oder „Death Dies Hard“.

COVENANT
Melancholie machte sich nun breit, kurz nach acht kaperte die schwedische Future Pop Formation COVENANT die Kanalbühne und berauschte das mittlerweile gut gefüllte Amphitheater, mit Anleihen aus Trip Hop, Ambient, Dance und Drum’n’Bass Klängen. Vom ruhig gehaltenen „Invisible & Silent“ bis zum energiegeladenen Clubhit „Call The Ships To Port“ wurde die volle Bandbreite von COVENANT geboten.

FRONT 242
Es folgten die Headliner des ersten Tages FRONT 242 mit einer besonderen Best-of-Show. In gut anderthalb Stunden zog eines der etabliertesten Aushängeschilder der Elektro- und „EBM-Szene“ so ziemlich alles aus der Schatzkiste. Gedankt wurde es den Elektromeistern mit flächendeckenden ausgelassenen Körperbewegungen. Im Rausch der Beats wurden wahre Jubelklänge zum Abschluss einer geladenen Show, von vielen Anhängern dargebracht.
Im direkten Anschluss fand im großen Partyzelt eine Aftershowparty mit zahlreichen DJs und einem Special Guest statt. Wir schunkelten jedoch mit Bus und Bahn in die Nacht hinaus, um noch ein paar Stunden Schlaf zu ergattern.

Tag 2 (13.06.2010)

„The Morning After“ Das böse Sandmännchen muss uns wohl am Abend anstelle von der normalen Dosis, gleich Hektarweise Sand in die Augen geschüppt haben, denn wir waren spät dran. Also Versengas, ab ins Auto und den Turbogang eingelegt. Um 13.00 Uhr erreichten wir das Festivalgelände, verpassten jedoch den Auftakt der Italiener von XP8 und kamen gerade noch in den Genuss, dem letzten Lied der Goth-Rock Band Traumtänzer beiwohnen zu dürfen. Die aus Witten stammende Kapelle spielte an diesem Tag für das Folkprojekt Sava, die krankheitsbedingt absagen mussten.

TYSKE LUDDER
So richtig los ging es für uns also erst mit den EBM’lern von TYSKE LUDDER, die das Publikum gleich mal mit dem Satz „Wir sind die Band, die nicht auf den Plakaten steht“ begrüßte. Mit teilweise provokanten und kritischen Texten wurde zu stampfenden Beats auch gleich eine aggressive musikalische Haltung eingenommen. Diese Erkenntnis wurde auch gleich durch den Ohrwurm „Panzer, Panzer, wir reisen mit dem Panzer!“ bestätigt. Dabei verteilte das Elektronik-Team auch gleich mal einen ironischen Seitenhieb in Richtung Unheilig. Doch der Spruch „Der Graf kann heute nicht kommen, der ist beim Musikantenstadl, als Ersatz kommt Scooter!“ verhallte auch recht schnell wieder.

S.P.O.C.K
Die vereinte Förderation grüßt euch!. Dieser Spruch wirrte sofort in unseren Köpfen rum, als die schwedische Science Fiction-Synthie-Pop Formation die Bühne betrat. Im Star Trek Gedächtnis T-Shirt prostete Sänger Alexander Hofman dem Publikum mit einem Bier zu, um im Anschluss Stücke wie „Never Trust A Klingon“, „Alien Attack“, „Electric“ oder „Astrogirl“ zum besten zu geben. Ob mit spaciger Wasserpistole bewaffnet, oder mit gekrümmten Zeigefinger á la E.T. Richtung Himmel zeigend, es machte einfach Spaß, den Ausnahmeerscheinungen zuzusehen.

SALTATIO MORTIS
Eigentlich hätten nun die Mannen von Sono ihren Auftritt gehabt, doch die Hamburger Truppe hing im Stau fest. Schnell wurde reagiert und die Spielzeiten der übrigen Künstler vorverlegt und teilweise verlängert, sodass keine Lücke entstehen konnte. Weiter ging es also mit den Spielmansleuten von SALTATIO MORTIS, die nun umfangreich und opulent das Amphitheater mit auf Zeitreise nehmen durften. Mit im Gepäck Songs wie u. a. „Uns Gehört Die Welt“, „Worte“, „Salome“, „Koma“, „Wir säen den Wind“ und „Prometheus“ zu dem sich Sänger Alea, gleich mal von der Bühne ins Folk stürzte, um von zahlreichen Händen getragen zu werden.

[:SITD:]
Songs wie „Rot“ oder „Rose-Coloured Skies“ hielten [:SITD:] für die gut gefüllten Reihen bereit, die sich vor der Bühne und auf den Rängen tummelten. Kurz vor dem letzten Song machten wir uns jedoch auf, um mal die Stimmung und Reaktionen vor der Unheilig Autogrammstunde abzuchecken. Da der derzeitige Vermarktungsweg ja für etlichen Zündstoff in der Szene gesorgt hat und man eigentlich davon ausging, dass dem Grafen nun die kalte Schulter gezeigt wird. Doch schon vor 18.00 Uhr bildete sich eine lange Schlange vor dem Zelt, und als der Graf die Tür öffnete, sprach er mit überraschten Gesichtsausdruck „Oh, sind ja doch einige gekommen!“ Bei unserem kurzen Gespräch mit ihm konnten wir keine Veränderung zu früher feststellen, immer noch auf den Boden geblieben, freundlich und charmant nahm er sich die Zeit zum Quatschen, lachen und knuddeln.

OOMPH!
Schnell wieder Richtung Bühne, denn den Auftritt von OOMPH!, wollten wir auf keinen Fall verpassen. Auch für viele andere war die Show der Wolfsburger offensichtlich eines der Highlights des Tages, denn es wurde schon akribisch, zu den bekannten Nummern mitgefeiert. Zum Besten gegeben wurden Stücke wie u. a. „Wer Schön Sein Will Muss Leiden“, „Sex“ und „Mitten Ins Herz“ zu dem Dero sich vorsichtig von der Bühne in die Fans fallen lies, um nach einer Schwimmeinlage auf Händen wieder sicher in Richtung Bühne befördert zu werden. Witzige Darbietungen wie der bekannte Wahlslogan von Barack Obama „Yes We Can“ der fleißig mitgegrölt wurde, oder einer eigenen Interpretation des Klassikers „Fever“ im Original von Peggy Lee, sorgten neben zwei exklusive Akustikversionen von „Sex hat keine Macht“ und „Auf Kurs“ für einen ansteigenden Stimmungspegel. Natürlich durften auch die Dauerbrenner „Labyrinth“, „Gott Ist Ein Popstar“, „Augen Auf!“ und der letzten Song „Sandmann“, zu dem OOMPH! sich mit dem Satz „Schäm dich Deutschland“ verabschiedete nicht fehlen.

SUBWAY TO SALLY
Pünktlich um 20.00 Uhr, zogen SUBWAY TO SALLY ihre gut gefüllte Liedertruhe auf die Bühne und ließen damit kaum einen Songwunsch unerfüllt. Zwischen optischen Effekten wie meterhohen Flammenwänden, die kurze Unterstützung bei einem Stück durch SALTATIO MORTIS und einsetzende Pyros wurde u. a. Liedergut wie „Henkersbraut“, „Kleid aus Rosen“, „Judaskuss“ und „Sieben“ auf die tobende Meute abgefeuert.

UNHEILIG
Der letzte Festivalabend neigte sich langsam aber sicher dem Ende zu und den ganzen Tag über wurde in den Rängen und auf der Händlermeile gemunkelt und diskutiert, wie wohl die Stimmung bei dem letzten Headliner sein würde. „Wie wird die Szene, angesichts zahlreicher Auftritte in TV-Formaten wie Big Brother, Der neuen deutschen Hitparade und Co und dem aktuellen Vermarktungsweg von Unheilig, auf den Grafen reagieren?“ Diese Fragen wurden mit dem Ertönen des Intros und dem Verharren des Publikums, welches nun gespannt Richtung Bühne starrte beantwortet, kein abwandern, kein Desinteresse war zu vernehmen. Der Graf stürmte zum Song „Seenot“ die Planken und ein großartiges mitfiebern nahm seinen Lauf. Mit jedem weiteren angestimmten Song wie z. B. „Spiegelbild“, „Abwärts“, „Freiheit“ oder „Maschine“ wurde es immer voller vor der Bühne. Der große Unterschied war, dass man sich wieder unter Gleichgesinnten fühlte und unbeschwert die Show von UNHEILIG genießen und feiern konnte, ohne von den verschiedensten Musikanhängern, die nichts mit der Szene zu tun haben zerquetscht oder dauerhaft angestarrt zu werden, wie es leider auf der aktuellen „Grossen Freiheit“ Tour immer wieder zu erleben war. So gut wie jeder feierte im Verlauf der Show euphorisch mit, kramte zu den balladesken Nummern wie „Unter Deiner Flagge“, „An Deiner Seite“, „Astronaut“, „Geboren Um Zu Leben“ und der einzigen Zugabe „Mein Stern“ die Feuerzeuge oder die Leuchtstäbe aus der Tasche, um das Amphitheater in ein Lichtermeer zu tauchen. Auch der vom Publikum lauthals geforderte Meilenstein „Sage Ja“ wurde pflichtgemäß zum Besten gegeben. Für uns war es definitiv eine der besten UNHEILIG Shows bis zu dieser Jahreshälfte.
Wehmut machte sich breit, ein mehr als gelungenes Festivalwochenende ging zu Ende. Unser Resümee: tolle Bands, klasse Stimmung, Nieselwetter am Ersten und ausgiebig Sonne am zweiten Tag. Die Autogrammstunden wurden so ausgerichtet, dass man nichts vom Geschehen auf der Bühne verpasste. Eine durchweg kompetente Blackfield Crew, gut gelaunte Securitys und ein ausgewogenes Angebot auf der Händlermeile, sorgten für ein entspanntes Feiern. Die Hartgesottenen, die abends nicht heimfahren wollten, konnten auf dem nah gelegenen Campingplatz übernachten. Festivalshirts genossen wieder große Beliebtheit und auch in diesem Jahr, wurden wieder Feedback Bögen am Merchstand ausgegeben, um zur Verbesserung des Festivals beizutragen. Bis auf einige Beobachtungen zwischenmenschlicher Auseinandersetzungen, in dessen Verlauf einige Cybergoths von Besuchern mit Essen beworfen wurden und zudem noch Geld im Plastikbecher gesammelt wurde, um diesen dann diskriminierend vor den „Cybers“ abzustellen, blieb es ansonsten friedlich. Außerdem griff die wachsame und freundliche Security beherzt ein, um Schlimmeres zu verhindern. Bleibt zu hoffen, dass alle beteiligten sich an eine der Tugenden der Szene erinnern „Toleranz“, auch wenn diese über die Jahre immer mehr abebbt. Wir freuen uns jedenfalls, auch im nächsten Jahr gemeinsam mit der großen Szenefamilie, ein „Blackfield 2011“ feiern zu dürfen.
Andre und Yvonne Stasius (Bericht)
Fotos: Gisela Schmitz und Cathrin Kruse
Blackfield Festival Homepage: www.blackfield-festival.de/