Während das ganze Land unter einer Hitzewelle ächzt, lassen es sich die Spielleute von Corvus Corax nicht nehmen, gewohnt fleißig ein neues Album auf den Markt zu bringen. „Skál“ heißt das gute Stück und beschäftigt sich – der Titel lässt es schon erahnen – mit den eher angenehmen Seiten des Lebens. So geht es in vielen der Stücke ums Feiern und Trinken und darum, seine Zeit auf dieser Welt zu genießen.
Nach „Sverker“ und „Gimlie“ bleiben Corvus Corax auch auf ihrem neuen Werk dem nordischen Themenkreis treu. So beschwört gleich das Intro Bilder einer geheimnisvollen nordischen Naturlandschaft vor dem inneren Auge herauf. Raben singen ihr unverwechselbares Lied und der Wind weht geheimnisvoll durch die Bäume, bevor sich, anfangs nur einem Flüstern gleich, die Stimmen der Spielleute aus dem Hintergrund erheben und das Intro langsam in das erste Stück „Yggdrasill“ mit seiner mystischen und meditativen Atmosphäre übergeht. Auch andere Stücke des Albums laden die Hörer klanglich und thematisch wieder in den hohen Norden Europas ein, so zum Beispiel „Hugin & Munin“, bei dem sich die Kolkraben gesangliche Unterstützung von der isländischen Opernsängerin Arndís Halla geholt und ein Stück altnordischen Text aus der Edda vertont haben.
Doch auch eine andere Sprache haben Corvus Corax auf „Skál“ für sich entdeckt. So sind viele der Lieder in deutscher Sprache verfasst, was für die Band eine ganz neue Entwicklung ist. Stücke wie „Hol Bier herbei“ mit seinem eingängigen, gemütlichen Rhythmus oder das fröhliche „Sauf noch ein“ eignen sich so dann auch ganz hervorragend zum Mitsingen, während andere Lieder gleich ganze Geschichten erzählen und zum aufmerksamen Zuhören und Nachdenken anregen. So vertont beispielsweise Gastsängerin Maxi Kerber in „Eine Jungfrau“ die Liebesgeschichte einer jungen Frau, die leider kein gutes Ende findet, während in „Die Rose“ dazu aufgerufen wird, sich seiner eigenen Endlichkeit bewusst zu werden und sein Leben zu genießen, so lange man die Möglichkeit dazu hat.
Aber auch auf ihre Wurzeln besinnen sich Corvus Corax auf dem neuen Album immer wieder. Mit „Pfeifsack“ widmen sie gleich ein ganzes Lied der motivierenden Wirkung, die schnell gespielte Dudelsackmusik noch auf das trägste Tavernenpublikum haben kann und liefern wenig später mit dem Titeltrack „Skál“ auch gleich ein Paradebeispiel für ein solches mitreißendes Dudelsack-Stück. Und mit dem Lied „Her Wirt“ hat auch wieder einmal ein Text aus der Carmina Burana seinen Weg auf eine Veröffentlichung der Band gefunden.
Corvus Corax ist mit ihrem neuen Album „Skál“ einmal wieder ein vielseitiges Werk gelungen, das klar die typische Handschrift der Band trägt. Wie man es von den Königen der Spielleute gewohnt ist, scheuen sie sich jedoch auch diesmal nicht davor, neue Dinge auszuprobieren. Das Experiment, deutsche und nordische Elemente zu verbinden, gelingt dabei ganz hervorragend. Sowohl Freunde zünftiger Mittelaltermarktklänge als auch jene, die sich für den Klang und die Mythen des Nordens begeistern, sind bei dieser Veröffentlichung ganz sicher an der richtigen Adresse.
Victoria Eckwerth