Unzucht,Vlad in Tears und Your Army am 30.11.2013 in München

Geradezu als Paradebeispiel für die Fazination die Live-Musik auslösen kann kann das Konzert von Unzucht im Clubraum des Backstage München dienen. Ein gemütlicher Club mit Empore, baulich geradezu ideal für Clubkonzerte. Das Publikum direkt an der Bühne stehend und enthusiastisch, wie man es sich als Band nur wünschen kann und alle 3 Bands an diesem Abend mit einer Spielfreude agierend, ein echter Genuß das zu sehen. Und dann 2 Sänger und eine Sängerin, alle großartige „Rampensäue“ die den Saal zum kochen und das Publikum zum toben brachten. Berührungsängste zum Publikum gabs ebenfalls keine und so entwickelte sich ein Konzertabend, der noch lange im Gedächtnis haften bleibt.

Mit dem Tanzt! 2013 im großen Saal des Backstage, mit einem Konzert von Eisbrecher und dem Schwarzen Engel im mittleren und Unzucht im kleinen Saal, alles direkt nebeneinander gelegen, hatte man echt die Qual der Wahl an diesem Abend. Da außerdem auch noch Stahlzeit an anderer Stelle spielten, kann man froh sein, dass zumindest das Motörhead-Konzert ausgefallen ist. Aber scheinbar ist so ein Programm in München eh kein Problem, waren doch alle Konzerte ordentlich bis gut besucht. Und man kann als Oberfranke schon etwas neidisch werden auf die Münchner.

Aufgrund der Nähe und den Umbaupausen war es sogar möglich Tanzt! und Unzucht gleichzeitig zu genießen. Und die hatten 2 befreundete Supportbands mitgebracht.

Los ging es mit Vlad in Tears, eine italienische Darkrock/Gothrock Formation mit Hang zum Metal. Satte Gitarren und ein treibender Schlagzeugrhythmus und mit Kris Vlad einen Sänger am Mikrofon, der bisweilen etwas an Yurki von The 69 Eyes erinnert und wie dieser genauso charismatisch wirkt. machten schon bei der ersten Band den Saal zum Tollhaus. Und neben einigen Songs aus dem Album Vladyland gibt’s das Eurythmics Cover Sweet Dreams zu hören. Zwar klar der Höhepunkt des Sets, aber auch die eigenen Songs, allen voran Fallen Angels konnten voll überzeugen.

Die zweite Band des Abends stammt aus Englands Brighton und haben sich weniger den düsteren Klängen, als mehr dem Indierock verschrieben und das nach der Devise, je härter desto gut, aber ohne die Melodie aus dem Auge zu verlieren. Und wie schon Vlad in Tears hat auch Your Army eine Idealbesetzung am Mikrofon. Die blonde Lucy Caffrey ist der Schrecken aller Barbie-Fans. Mit mehr Punk als Pop im Arsch wirbelt die hübsche Blondine über die Bühne und macht keine Gefangenen. Energiegeladen wild und ekstatisch und trotzdem keineswegs unsexy. Kein Wunder, dass Your Army Skunk Anansie auf deren UK Tour supporten durften. Ignite heißt das in diesem Jahr erschienene Debütalbum und wer diese Art Musik mag wird an einem Your Army Konzert und an Lucy große Freude haben. Das Münchner Publikum hatte auf alle Fälle gewaltig Spaß an der Performance und bevor Unzucht überhaupt die Bühne betraten, war die Stimmung schon am kochen.
Einen besseren Support kann man sich als Band somit echt nicht wünschen, schwer vorstellbar, dass Unzucht das Ganze dann noch deutlich toppen konnten.

Und das lag nicht nur an Daniel „Der Schulz“ Schulz am Mikrofon der mit funkelnden Augen und seiner charismatischen leidenschaftlichen Performance es problemlos schaffte, dass das Publikum ihn auf Händen durch das Konzert trug. Zuerst mit viel Applaus, lautstark mitsingend und dann tatsächlich beim Stagediven von Daniel auch ganz handfest zugreifend. Es liegt auch an seinen großartigen Mitmusikern, allen voran Daniels „Klampf-Irokese“ Daniel De Clercq an der Gitarre, der so ganz nebenbei auch stimmlich so einiges zu bieten hat. Und es auch noch versteht in einem Song der Deutsch Amerikanischen Freundschaft (DAF) so richtig Konkurrenz zu machen.

2009 gegründet existiert die Band noch heute in ihrer Ursprungsbesetzung und bekommt nun den Lohn für ihre Ausdauer und Geduld und für viele viele Konzerte in der Vergangenheit. Festivals wie das Hexentanz, Mera Luna oder das Rockharz und als Vorband u.a mit Mono Inc., Jennifer Rostock, Lacrimas Profundere, End of Green waren die Basis für die erste eigene Tour, nach einer Co-Headliner-Tour mit Lord of the Lost. Und wenn jedes Konzert auch nur annähernd so beeindruckend abläuft, wie das in München, dann muss man Unzucht einfach live gesehen haben. Kein Wunder, dass „Todsünde Nr. 8“ Platz 3 der Deutschen Alternativen Charts erreichte und dass „Rosenkreuzer“., das 2 Album der Band 2013 auf Platz 61 der Charts einstieg. Denn Unzucht machen zwar keine Musik für die Massen, aber trotzdem hat der Gothic- und Dark Rock , gemischt mit Metal und Industrialeinflüssen der Band etwas, was nicht nur Szeneanhänger anspricht.

Trotz des Namens ging es auf der Bühne trotzdem relativ züchtig zu, sieht man einmal vom nackten Oberkörper der „Wasserfontäne Daniel“ ab , der mehrmals das Publikum erfrischte. Das rächte sich aber bei der Zugabe und das Publikum spritzte natürlich mit Wasser zurück, was den Musiker im ersten Moment sichtlich überraschte. Nicht mal bei dem Song kleine geile Nonne, gab es weibliche nackte Haut zu sehen, an diversen Showeffekten kann die Band also noch durchaus arbeiten.

Aber die hatte man zumindest an diesem Abend eh nicht nötig, glich der Club auch so einem Tollhaus. Zum Greifen nahe und dann auch mittendrin Sänger „Der Schulz“ und Daniel De Clerq der mit Gitarre so weit ins Publikum spazierte, wie es das leider viel zu kurze Kabel zulies.

Und dann gab es noch als absolutes Highlight ein Duet mit Kris Vlad. Endre Dos Tierras war das Ausrufezeichen eines Wahnsinnsauftritts.

Alle Münchner die nicht da waren haben eines der intensivsten, leidenschaftlichsten und stimmungsvollsten Konzerte 2013 verpasst, eine Werbung für das Erlebnis Livekonzert. Am 27.04.2014 beim Dark Munich Festival gibt es die nächste Chance in München Unzucht zu erleben und das allein lohnt schon einen Festivalbesuch. So ganz nebenbei gibt’s mit Mono Inc. , Zeraphine , Lacrimas Profundere und Stahlmann gleich noch ne ganze Menge weiterer toller Bands obendrauf. Also unbedingt dick im Kalender anstreichen.

Und bis dahin unbedingt mal in Rosenkreuzer reinhören. Aber vorsicht man könnte einen Ohrwurm bekommen.

Bernd Sonntag