Castle Rock 2012 -Interview mit Veranstalter Michael Bohnes

Anlässlich des 13. Castle Rock Festivals hatten wir Gelegenheit mit dem Veranstalter Michael Bohnes ein kleines Interview zu führen. Wir trafen um 16.00 am Freitag, also kurz vor Beginn, auf einen entspannt wirkenden gutgelaunten Festivalleiter, dem die Vorfreude anzumerken war.
Hier das kleine Interview:

Jarwin: Das ist dieses Jahr das 13. Festival. Habt ihr in dieser Größe angefangen?
M.B.: Die Location hat sich nicht verändert. Aber in den Anfängen war es natürlich nicht so stark frequentiert. Allerdings hatten wir beim ersten Festival bereits 1000 Besucher und das war ein gelungener Auftakt. Wir haben auch nicht mit einem 2- Tages- Festival angefangen, das wurde erst ab 2009 auf 2 Tage ausgeweitet.

Jarwin: Habt ihr bei all den Festivals schon mal Probleme mit dem Publikum bekommen?
M.B.: Noch nie. Das ist ein Publikum, das sich jeder Veranstalter wünscht. Die Leute wollen einfach nur friedlich feiern. Sehen zwar mitunter ein wenig gewöhnungsbedürftig aus, aber das macht das Flair des Festivals aus.

Jarwin: Im Moment ist die GEMA wieder schwer in der Kritik. Die Veranstalter haben Probleme mit den neuen Abgaben. In wieweit trifft das Castle Rock und euch speziell?
M.B.: Das Problem wird wohl erst im nächsten Jahr auf uns zukommen. Es würde Probleme insofern aufwerfen, weil man die ganzen Finanzpläne umwerfen muss und das wird letztendlich bedauerlicherweise auf den Besucher umgelegt. Irgendwo muss alles finanzierbar bleiben und ich finde das ist ein falscher Ansatz.

Jarwin: Ihr tragt das finanzielle Risiko privat oder ist das kommunal unterstützt?
M.B.: Also ich muss dazu sagen, ich bin Beamter dieser Stadt Mülheim an der Ruhr, ich arbeite im kulturellen Bereich und es ist eine Veranstaltung, die sich selber trägt allerding ist es ein Kulturbetrieb, d.h. die städtische Einrichtung ist dafür verantwortlich und trägt auch das Risiko.

Jarwin: Ihr könnt aber bestimmt gut planen, weil ihr jedesmal ausverkauft seid?
M.B.: Ja wir sind fast, so gut wie jedesmal ausverkauft. Man muss realistisch kalkulieren und das mit Augenmaß. Dann kann man eine solche Veranstaltung auch kostentragend durchführen.

Jarwin: Habt ihr Bands, die am liebsten jedes Jahr hier auftreten würden?
M.B.: Ich denke schon. Aber ich habe auch Spaß daran neue Bands zu entdecken. Das ist auch eine bewährte Struktur dass man neben den Headliner Bands auch jüngeren Bands die Möglichkeit gibt sich ein wenig zu entwickeln, sich einem größeren Publikum zu präsentieren und es hat sich Castle Rock bisher als hervorragendes Sprungbrett für diese entwickelt.

Jarwin: Kommt man in den 2 Tagen selber zum Musikhören?
M.B.: Ich mache nichts anderes. Das heißt, als Veranstalter ist es natürlich so, dass ich versuche von jeder Band mindestestens 3-4 Stücke zu schauen, mir die Präsentationen von so vielen Bands wie möglich anzuschauen, weil ich bin ja auch von meinen Bands überzeugt. Ich lade auch nur Bands ein, die mir gefallen. Ich denke das ist auch ein Zeichen der Wertschätzung als Veranstalter das man der Band entgegenbringen soll.

Jarwin: Ihr habt dieses Jahr mit Zaubererbrüder ein absolutes Highlight
M.B.: Ja ich bin auch selber sehr gespannt, aber die Geschichte ist halt die 2008 ist die CD von Zaubererbrüder erschienen. Die ist bei uns zuhause Rotation gelaufen. Von dem Moment an bin ich von dem Wunsch beseelt Zaubererbrüder einmal im Schloss zu haben.

Jarwin: Wie schafft man es in einer Kommune, die traditionell eher klassisch orientiert sind , ein Gothic- Festival durchzusetzen?
M.B.: Ich glaube ich habe da viel Glück gehabt. Die Idee ist eigentlich daraus entstanden, dass wir im Gegensatz zu anderen Städten, die ihr Kultursommerprogramm eingespart unseres 2000 wiederbelebt haben. Die Geschichte war die, dass ich vorgeschlagen habe das Schloss Broich zu nutzen, weil das ein tolle Veranstaltungsstätte ist und wir sollten da vielleicht ein Konzert veranstalten, ein Festival das überörtlichen Charakter hat also Strahlkraft über die Stadt hinaus. Und als dann die Frage kam: wer macht’s? Hab ich gesagt: Ich würde es machen! Allerdings nur unter der Voraussetzung mit spricht künstlerisch keiner rein. Und da muss ich sagen haben mir meine Vorgesetzen das volle Vertrauen geschenkt und so hat es sich dann entwickelt. Unsere Oberbürgermeisterin war selbst schon 2-3 mal auf unserem Festival und hat auch eine Begrüßungsansprache ans Publikum gehalten, eine sehr schöne Geste. Und nach anfänglichen Berührungsängsten wenn man gesehen hat, dass schwarzgewandete hier zum Schloss pilgern ist das mittlerweile ein vertrautes Bild in der Stadt. Auch die Stadt ist da mal nicht Trends hinterher gehechelt, wir haben endlich mal einen Trend gesetzt. Wir waren eines der ersten Schlossfestivals mit dieser Art von Musik und viele andere Schlossfestivals sind nachgezogen. Übrigens auch in Bayern.
Carolin und Bernd Sonntag

Interview mit Teufel beim Castle Rock

Kurz vor Beginn des Tanzwut-Konzertes hatten wir das Glück mit dem Bandchef Teufel ein kurzes Interview führen zu können. Ein Musiker, der nicht nur viel zu erzählen hat, sondern aufgrund seines langjährigen Musikerlebens auch genug erlebt hat. Und dies immer mit einem kleinen Augenzwinkern , es machte wirklich großen Spaß sich mit dem gutgelaunten, frei jeglicher Starallüren, völlig natürlichen Musiker zu unterhalten. Und dass er viel Lustiges und Interessantes zu erzählen hat, haben wir besonders dann gemerkt, als er uns nach dem Interview noch einiges aus seiner Stasi-Akte berichtet hat. Leider war da das Aufzeichnungsgerät aber schon aus. Vielleicht postet er ja irgendwann einmal auf Facebook ein Foto aus dieser Akte zur allgemeinen Erheiterung. Übrigens durften wir ihn auch problemlos zur Trennung von Corvus Corax befragen. Und wir erlebten ihn auch hier als gesprächigen, freundlichen Interviewpartner, der nicht im Zorn zuräckschaut. Im Gegenteil! Dreckige Wüsche zu waschen ist überhaupt nicht sein Ding. Und er hat sicher recht mit seiner Bemerkung zu den Leitwölfen. Aber ich denke nur mit solch besonderen Charakteren in einer Band ist etwas so epochales wie Cantus Buranus zu erschaffen überhaupt möglich gewesen.
Carolin und Bernd Sonntag

Nun aber zum Interview:

Jarwin: Wie lange machst du schon Mittelaltermusik?
Teufel: Ich bin einer der ewig Gestrigen. Mittlerweile 25, eigentlich sogar 27 Jahre. Das darfst du ja gar keinem erzählen.

Jarwin: Du bist aus der ehemaligen DDR, wie kommt man da auf die Idee diese Art von Musik zu machen?
Teufel: Die Musik ist dort geboren. Die großen Dudelsäcke, die jetzt überall gespielt werden. Das laute, harte, dorische Mittelalter kommt aus dem „Osten“. Und das kam mit uns nach der Wende in den Westen. Als wir auf den ersten Mittelaltermärkten gespielt haben, haben sie uns gesagt, dass wir so im Westen nie Erfolg haben werden. Das waren die ersten Sprüche, die wir so gehört haben. Aber das war uns ziemlich egal, weil wir echte Spielleute waren. Wir haben hinter der Mauer mittelalterliche Spielmannsmusik auf der Straße gemacht, obwohl es verboten war. Wir wussten auch gar nicht, dass die Musik anders sein könnte. Wir dachten, so muss es damals gewesen sein. Wir mussten unsere Instrumente selber bauen, weil es gab keine zu kaufen. Außerdem brauchten wir großen Trommeln und Dudelsäcke um in der Kneipe richtig laute Musik machen zu können. Dann sind wir in den Westen gekommen und haben mittelalterliche Bands gesehen mit Flöten und Harfe und dreimal so langsam. Wir haben alles dreimal so schnell gespielt, weil wir dachten es muss ja ein bisschen abgehen. Die Betrachtung im Westen war eher so akademisch, so wie Walter von der Vogelweide, eher Minnesang, Strumpfhosen und Lederklamotten und ein bisschen gestunken haben sie auch, weil sie dachten mittelalterliche Spielleute müssen etwas dreckig sein und sich rumtreiben.

Jarwin: Welche Musik hörst du privat?
Teufel: Nichts! Ich brauche so eine Stille wie wenn Käfer durch den Sand laufen. Mein Beruf und mein „Unterwegsein“ ist so laut, dass ich dann die absolute Stille brauche 😉
Aber natürlich hör ich auch Rockmusik, Klassik. Außer Schlager hör ich eigentlich alles. Obwohl im Auto hört man ja auch Schlager und amüsiert sich. Aber ich steh natürlich auf Rockmusik. Ich muss ehrlich sagen, privat hör ich keine Dudelsackmusik. Außer aus Studienzwecken.

Jarwin: Welche Mittelalterszene ist außer der Deutschen noch besonders reizvoll?
Teufel: Also ich weiß, dass es in der französischen Mittelalterszene viele Leute gibt. Auch die französischen Folklore Festivals und die Bordunmusik mit Drehleier, Fidel und französischen Dudelsäcken sind sehr beliebt. Die bretonische Mittelaltermusik ist zum Beispiel auch sehr schön. Aber auch in Spanien gibt es schöne Festivals und die spanische Dudelsackmusik ist wirklich sehr schön.

Jarwin: Wo wart ihr schon überall und gibt es da große Unterschiede wo man ein Konzert gibt?
Teufel: Mexiko, Europa fast überall, China.
Bei den Südamerikanern war es so, wenn eine Trommel angeht die wirklich groovt, gehen die natürlich ab. Also das ist bei denen automatisch. Wenn die was gut finden, dann finden die das auch richtig gut und lassen sich dann so richtig gehen. Wenn ich daran denke, dass wir in Mexiko in einer Stierkampfarena gespielt haben und da gab es neben der Bühne so ein Bungeeseil, da konnte man sich dranhängen und dann sind die Leute geschwebt. Partymachen ist für die total geil.

Jarwin: Spielst du lieber Festivals oder ein eigenes Konzert?
Teufel: Ich mach beides gerne. Hauptsache man hat ein bisschen Abwechslung. Wir haben jetzt vergangenes Wochenende auf einem Mittelaltermarkt gespielt und das finde ich genauso geil. Es ist gut beides zu machen sowohl Mittelaltermusik als auch Rock’n’Roll. Wir haben jetzt eine Menge MIttelalterfestivals gespielt und das mach ich wirklich total gerne.

Jarwin: Was sagst du dazu, dass Schelmish aufhört?
Teufel: Das wusste ich bis jetzt noch gar nicht. Warum? Ist ja total schade- die haben doch mehr gespielt als wir die letzten Jahre! Wenn ich mir mal überlege, selbst wie wir mit Tanzwut und Corvus Corax zusammen. Die haben wie 2 Bands gespielt. Schade drum. War echt ein cooler Haufen!

Jarwin: Wie ist das Verhältnis zu anderen Bands? Vor allem auch Szeneübergreifend?

Teufel: Wenn du in so ein Orchester kommst wie wir bei dem Projekt mir Corvus Corax, dann wirst du erst einmal angeschaut. Das ist einfach so, wenn du als Mittelaltermusiker mit deiner Tröte ankommst dann gucken sie erst. Der große Unterschied zwischen einem Orchester und uns ist, dass die Musiker dort Arbeitnehmer sind. Wir sind freiberufliche Musiker. Da kommst du dann völlig begeistert an und wirst vom Dirigenten als die Komponisten vorgestellt und dann schauen die schon das erste Mal „Das sind Komponisten? So sehen die aus?“ Aber es sind ja Arbeitnehmer und die spielen das was sie vorgesetzt kriegen. Aber das Ding ist auch, die stehen um 12 Uhr auf, weil Mittagspause ist. Das kennen wir von der Probe gar nicht. Mitten im Lied stehen die auf und der Dirigent sagt das ist ganz normal es ist ja jetzt Mittagspause. Dann ist 16:00 Uhr Feierabend und alle gehen nach Hause. Und wenn das Lied noch nicht fertig gespielt ist, dann wird die Geige halt eingepackt, tschüss, und dann wird am nächsten Tag weiter gemacht. Wenn wir Proben, dann proben wir weil es cool ist. Und wenn wir dabei aus den Latschen kippen. Im Nachhinein, wenn du mit den Orchestermusikern bei einem Bier zusammensitzt merkst du schon, dass das auch richtige Musiker sind. Wenn sie dann von ihren Projekten erzählen. Aber sie sind halt Beamte, die ihre Gage bekommen und eine riesige Rente im Gegensatz zu uns. Wir müssen ja mit 80 Jahen immer noch mit der Bettelschale da sitzen.

Jarwin: Was war das dümmste Vorurteil dass die jemals untergekommen ist?
Teufel: Eigentlich hab ich nur positive Erfahrung. Es ist eher so, dass selbst die alten Damen kommen und meine Frisur niedlich finden und auch mal anfassen wollen. Ich bin in der Semperoper gewesen mit Anzug und Fliege und mit Hörnern, da war ich in der Pause umringt von alten Damen mit Perlketten, die mit mir schön Sekt getrunken haben und mich mit nach Hause nehmen wollten. Selbst in der Dorfkneipe in Bayern hab ich keine schlechten Erfahrungen gemacht. Da sitzen die Bauern mit dir am Stammtisch und stellen dir Fragen wie „Bist du der Deifi, oder wos?“ Und das ist eigentlich ganz witzig.

Jarwin: 3 Fragen Wünsch dir was!
-Gibt es eine Location wo du irre gern mal spielen würdest?
Teufel: New York Madison Square Garden- wäre denkbar. Wär obercool! Kannst ja mal organisieren 😉
-Mit welcher Musikerin würdest du gerne ein Duett singen?
Teufel: Mit Frauen singen ist ja sowieso ein bisschen schwierig. Da hab ich überhaupt keinen Plan. Es ist nicht so, dass ich unbedingt mal mit einer Frau singen muss.
-In welchem Land würdest gerne einmal spielen?
Teufel: Ich würde ja gerne mal in Ägypten bei den Pyramiden, vor der Sphinx oder so mal spielen. Das finde ich total geil. Da weiß ich, dass die so Lichtshows gemacht haben und große Orchesterwerke aufgeführt haben. Das wär natürlich ein geiler Ort.

Jarwin: Wie ist das Verhältnis zu Corvus Corax, auch untereinander?
Teufel: Funkstille.
Jarwin: Geht man sich dann aus dem Weg wenn man sich sieht?
Teufel: Man trifft sich erst gar nicht. Bis jetzt haben wir es geschafft es zu verhindern. Es ist so ein bisschen wie eine Scheidung auseinander gegangen, Güter sind noch nicht getrennt, es hängt alles noch in der Luft. Wir hatten mehrere Firmen und da ist noch gar nichts geklärt. Ist alles gerade etwas eingefroren. Es ist aber nicht so, dass ich mich jetzt hier hinstelle und sage es ist alles sch**** und so. Es ist wie eine Beziehung die irgendwann zu Ende ist und da muss man halt das Beste draus machen. Vielleicht kann man sich in ein paar Jahren auch wieder an einen Tisch setzen aber gerade ist es halt nicht so. Ist aber auch nicht schlimm. Kennt man ja selber wenn man mit einer Frau mal ein Verhältnis hatte. Bloß bei einer Band ist es noch schlimmer als bei einer Ehe 😉

Jarwin: Wie reagieren da die Fans drauf?
Teufel: Es haben sich zeitweise die Lager gespalten. Aber es haben sich auch viele neue Fans gefunden und das auch eingesehen. Es gibt natürlich auch ein paar die, ähnlich wie wenn die Eltern sich scheiden lassen, sauer sind. Die einen gehen zu Papa, die anderen zu Mama. So ist es halt. Manche kommen eben zu beiden. Man kann es aber nicht ändern. Unsere große Krise ging eigentlich in der Zeit los wo Brandan ausgestiegen ist, dann stieg Meister Selbfried aus. IEs war eine dealbesetzung. Wir hätten so die Welt erobern können wenn wir uns einig gewesen wären, aber wir waren alle Frontmänner, 5 Leittiere. Erstaunlich dass das überhaupt so lange funktioniert hat. Wahrscheinlich war es so am besten, dass jeder seinen eigenen Weg mit seiner Band geht. Es ist auch völlig normal dass sich Bandbesetzungen ändern, was aber nicht immer heißt, dass man sich nicht mehr versteht. Manchmal sind es einfach persönliche Gründe und dann ist das in Ordnung so.