Jensen & Daubenspeck „Global Game“

Als Finest Acoustic Poetry bezeichnet der schon lange in Deutschland lebende norwegische Singer-Songwriter Reidar Jensen seine Musik. Heute erscheint nach mehreren EP-Veröffentlichungen in den vergangenen Jahren sein erstes Album „Global Game“, welches er gemeinsam mit dem Gitarristen Markus Daubenspeck aufgenommen hat.

Zwei akustische Gitarren sowie die markante Stimme von Reidar Jensen sind es, die den Sound auf diesem Album ausmachen. Dabei gelingt es den beiden Musikern, mit diesem eher minimalistischen Rahmen die unterschiedlichsten Stimmungen zu erzeugen, passend zu den vielfältigen Themen, welche die aufmerksamen Hörer in den Texten erwarten.

Wie bereits auf den EPs „Life Songs“ und „Silent Travelling“ finden sich auch auf „Global Game“ wieder einige sehr persönliche Texte, in denen es um Gefühle oder eigene Erfahrungen geht. So beschäftigen sich gleich drei aufeinanderfolgende Lieder des Albums mit der Liebe in all ihren Facetten. Während es in „My Destiny Is Clear“ um das Entdecken dieses Gefühls geht, beschäftigt sich das beschwingte „Night Time Ride“ mit den positiven Seiten des Verliebt seins. Im starken Kontrast dazu steht dann „Debris Love“, wo es um die zerstörerische Kraft geht, die aus der Liebe eben auch erwachsen kann. Ein besonders starker Song ist aber auch „My Life In My Guitar“, in dem Reidar Jensen von der Erfahrung berichtet, sich mit seinem Instrument vor ein Publikum zu stellen. Sowohl die Melodie als auch der Text vermitteln sehr gelungen die Energie, die ein Live-Konzert sowohl bei den Menschen auf als auch bei denen vor der Bühne auslösen kann.

Jedoch finden sich auf „Global Game“ nicht nur sanfte Klänge und positive Gefühle. Ganz im Gegenteil sind einige der Lieder sehr kritisch geworden. So geht es gleich im ersten Lied, welches auch der Titeltrack des Albums ist, um ein großes Thema in unserer heutigen Gesellschaft. Indem er die Geschichte eines Menschen erzählt, dessen Job wegrationalisiert wird und der damit zugleich auch den Sinn seines Lebens verliert, thematisiert Reidar Jensen die Problematik eines Wirtschaftssystems, in dem Unternehmensinteressen über die Bedürfnisse der Menschen gestellt werden. Das nachdenkliche Stück „Angry Rain“ hingegen beschäftigt sich mit den Auswirkungen der anhaltenden, weltweiten Naturverschmutzung. Weniger global, aber nicht minder kritisch werden Jensen & Daubenspeck bei „Complex Boy“, welches wohl das düsterste Stück des Albums ist. Vorwurfsvoll, fast schon zornig wirkt hier der Gesang. Inhaltlich geht es um einen Jungen, der mit seiner Wut und seinem egoistischen Handeln permanent seinem Umfeld schadet.

Die ganz große Überraschung auf „Global Game“ ist dann aber das letzte Lied. Bei diesem handelt es sich um „Den Fyrste Song“, eine gefühlvolle Liebeserklärung an die eigene Mutter und an das erste Lied, das diese einem einst an der Wiege vor sang. Das Stück basiert auf einem norwegischen Traditional aus dem Jahre 1877, wurde jedoch um einen eigenen Refrain erweitert und mit einer neuen Melodie versehen. Herausgekommen ist dabei eine wunderschöne Ballade, die sich perfekt in das klangliche Gesamtbild des Albums einfügt und trotz der traditionellen Grundlage ganz modern klingt.

Reidar Jensen und Markus Daubenspeck legen mit „Global Game“ ein vielseitiges und interessantes Album in bester Singer-Songwriter-Tradition vor. Die beiden akustischen Gitarren ergänzen sich Bestens und ihre Klänge verschmelzen zu Liedern mit klaren, auf das Wesentliche reduzierten Melodien. Dies und die klugen, mit deutlicher und einprägsamer Stimme vorgetragenen Texte zu zeitlosen wie auch zu aktuellen Themen machen das Werk zu einem wahren Hörvergnügen.

Victoria Eckwerth

Faun Best of XV-Tour, Wuppertal, den 2.11.18

15 Jahre Faun – es ist ein langer Zeitabschnitt, auf den die Urgesteine des Pagan Folks in diesem Jahr zurückblicken. Nachdem sie ihre Fans aus diesem Anlass bereits im vergangenen Winter mit einem üppigen Best Of-Album beschenkten, steht dieser Tage die dazu passende Jubiläumstour auf dem Programm. Im Rahmen dieser Konzertreise machten sie am 2. November auch wieder einmal Halt in der historischen Stadthalle in Wuppertal.

Das bestuhlte Konzert war bereits im Vorfeld so gut wie ausverkauft. So tummelten sich dann auch schon lange vor Einlass zahlreiche Besucher im großzügigen Foyer des prachtvollen Gebäudes und warteten voller Vorfreude auf den Beginn des Auftritts.

Als es dann endlich so weit war, verdeckte zunächst ein durchscheinender Vorhang den direkten Blick auf die Band und sorgte damit für faszinierende Schattenspiele. Als der Vorhang dann nach zwei Stücken endlich gelüftet wurde, gab es im Publikum kein Halten mehr. Faun wurden unter riesigem Jubel begrüßt und dem Spektakel stand nichts mehr im Weg.

Im Vorfeld der Tour hatten die sechs Faune Großes versprochen: die Highlights aus 15 Jahren Bandgeschichte, eine spektakuläre Bühnenshow und illustre Gäste. Entsprechend hoch waren die Erwartungen, welche die Band jedoch ohne Probleme zu erfüllen vermochte. Besonders Fans der ersten Stunde und solche, die schon immer mal einen Einblick in die Anfänge der Bandgeschichte bekommen wollten, kamen an diesem Abend voll auf ihre Kosten. Faun gaben Lieder zum Besten, die es schon seit vielen Jahren nicht mehr live zu hören gegeben hatte. Neben Klassikern wie „Loibere Risen“ oder „Egil Saga“ hatte es mit „Des Wassermanns Weib“ sogar ein Stück aus dem 2002er Debütalbum „Zaubersprüche“ in das Programm geschafft.

Auch ein von vielen Fans lange sehnlichst gehüteter Traum ging an diesem Abend in Erfüllung, als Lisa Pawelke, die erste Sängerin, welche die Band bereits 2008 verlassen hatte, als Gast die Bühne betrat und zu einigen Stücken mit ihrer beeindruckenden Stimme beitrug. Doch auch Versengold-Geiger Flo Janoske machte bei Stücken wie „Wind & Geige“ eine gute Figur auf der Bühne und heizte dem Publikum ordentlich ein. Außerdem war auch wieder Tänzerin Yulya „Ayuna“ Kholeva mit von der Partie, welche die Band bereits auf der Luna-Tour 2015 begleitet hatte und auch dieses Mal wieder einige wunderschöne Auftritte hatte.

Bei so vielen tollen Momenten hielt es das Publikum natürlich nicht lange auf ihren Stühlen. Überall konnte man neben den Stuhlreihen tanzende Menschen beobachten, und auch der Applaus ging gegen Ende zunehmend in Standing Ovations über. Entsprechend ließen sich Faun auch mit den Zugaben nicht lange bitten und präsentierten den Besuchern zum Abschied noch ein paar ganz besondere Stücke. Erstmals seit langen Jahren konnte man so das „Tagelied“ wieder live hören und auch „Tinta“, eine der wohl schönsten Balladen der Band, gab es zur Feier des Jubiläums wieder mit der ursprünglichen Sängerin Lisa zu hören.

Ganz zum Schluss wurde es dann noch einmal richtig andächtig: als Finale hatte die Band „Das Tor“ gewählt. Während man die Musiker selbst dabei erneut nur als Schemen hinter dem Vorhang wahrnahm, wurde eben dieser Vorhang für das Publikum zur Leinwand. Ein Film mit malerischen Naturaufnahmen untermalte das ruhige Stück auf hervorragende Weise und sorgte zum Abschluss noch einmal für eine ganz besondere Atmosphäre. Fast wähnte man sich im Kino, als es danach sogar noch einen liebevollen Abspann gab. Und ganz wie das nach dem Genuss eines besonders schönen Filmes im Kino ist, wollte man auch nach diesem herrlichen Konzert am liebsten gar nicht aufstehen und sich somit eingestehen, dass es vorbei ist.

Wieder einmal haben es Faun an diesem Abend in Wuppertal geschafft, ihren Fans ein ganz besonderes Konzerterlebnis zu bereiten. Möge es mindestens noch einmal 15 Jahre so weitergehen!

Victoria Eckwerth