Jedes Jahr zieht es uns Anfang September in das kleine Örtchen Selb zum Festival Mediaval, das größte Mittelalterfestival der Welt. Selbst die New York Times berichtete darüber und jedes Jahr feiern Tausende auf dem Goldberg.
Aber 2020 ist alles anders. An Veranstaltungen ist (fast) nicht zu denken; geschweige denn für mehrere tausend Besucher. Aber Veranstalter Bläcky Schwarz und sein Orga-Team haben aller Hürden zum Trotz ein Sicherheits- und Hygienekonzept auf die Beine gestellt, damit das Festival auch in 2020 stattfinden kann. Trotz der hohen Auflagen konnten 400 Gäste das Festival Mediaval besuchen, dass in „Kultur-Biergarten“ umgetauft wurde. Bierbänke und -tische standen vor den Bühnen, jeder Gast hatte seinen eigenen festen Sitzplatz, es herrschte Mundschutzplicht auf dem Platz usw. Ein wirklich gut durchdachtes Konzept, an dass sich alle auf dem Platz gehalten haben. Und wenn man doch in der Eile vergessen hatte seine Maske aufzusetzen, haben die Order einen freundlich daran erinnert.
Allen Auflagen zum Trotz freuten sich alle sichtlich auf das Festival Mediaval, auch wenn es in diesem Jahr kleiner ausfallen sollte. Dafür war es etwas ganz besonderes. Es gab sogar einen Live-Stream, damit alle daheim gebliebenen auch das Mediaval-Feeling zuhause erleben konnten, und einen Wettbewerb für die schönste Maske/Mundschutz. Eine Musikerin aus den USA begab sich sogar vor dem Festival freiwillig zwei Wochen in Quarantäne, da sie unbedingt dabei sein wollte.
Das Programm war ein bunter Mix aus Folk, Metal und Kleinkunst.
Den Anfang machten am Freitagnachmittag Heiter bis Folkig, die fast schon zum Standardprogramm gehören, waren sie schon so oft auf dem Mediaval. Im Anschluss betraten The Blackbeers die Bühne. Entstanden auf dem Piraten-Floss des Medival vor ein paar Jahren haben sie dem Publikum mit Folk, Metal und Punk eingeheizt. Da musste so mancher vom Tanzen am Tisch abgehalten werden. Wer tanzen wollte, der konnte dies auf der Wiese abseits der Bänke gerne tun, so sah es das Hygienekonzept vor. Auf der Gauklerbühne gab es zwischen den Konzerten Kontaktjonglage von Beatrice, „normale“ Jonglage von Opus Furore, aber auch Musik und Tanz von Kahira und PurPur. Also fast alles wie immer.
Headliner am Freitag waren Poeta Magica, die mit dem „The Celtic Nordic Project“ und einer norwegischen Gastsängerin und einer Lektion zu den unterschiedlichen Bauarten der Nyckelharpa den Abend beendeten.
Der Samstag begann, wie gewohnt, bereits früh um 10 Uhr. Nachdem PurPur die Gäste mit kurzweiligen Liedern unterhalten haben, ging es auf der Hauptbühne mit Pampatut weiter. Die haben mal wieder mehr geredet als Musik gemacht, aber das macht ihren lustigen Auftritt auch aus. An diesem Tag sollte es auch zwei Lesungen geben. Zum einen die Lesung zum neuen Buch „Wir sind die Bunten“, das 25 Kurzgeschichten enthält, die über das Festival Mediaval enthält. Es lasen drei Autoren u.a. Amandara M. Schulzke und Billie Przegendza und gaben einen kurzen Einblick in das Werk. Später stellte Lucy van Org noch ihr neues Buch „Vagina Dentata“ vor. Und während Beatrice noch eine Runde mit ihrer neuen Puppe „Coroni“ drehte ging es auf der Hauptbühne weiter mit Des Teufels Lockvögel und Triskilian. Etwas härter ging es bei Winterstorm zu, die mit ihrem Power-Metal viele Gäste auf die Wiese lockten um das Haupthaar zu schwingen. Headliner des Abends war Corvus Corax. Die Könige der Spielleute kamen zwar mit kleinerem Equipment (die Bühne war einfach nicht groß genug), aber dafür mit umso mehr Spielfreude. Auch wenn sie nicht ihr neuestes Projekt „Era Metallum“ zeigten, gab es doch einen guten Mix aus vielen Jahren Bandgeschichte. Und zum Schluss zogen sie sogar spielend durch das sitzende Publikum.
Am Sonntag gab es zwar keine Bands mehr, dafür legte aber DJ Romulus auf. Der Kultur-Biergarten endete mit einem überaus passendem Weißwurstfrühstück, sodass sich um 13 Uhr die Tore des Mediaval schlossen.
Alles in allem war der Kultur-Biergarten ein voller Erfolg! Die Gäste hatten Spaß, das Orga-Team hatte Spaß und den Künstlern konnte man sichtlich ansehen, dass sie sich freuten endlich wieder auf einer Bühne zu stehen. Dabei darf man nicht vergessen, dass alle Künstler an diesem Wochenende ohne Gage aufgetreten sind. Einzig die Spenden der Besucher und der Zuschauer des Live-Streams waren ihre Gage. Es konnte online gespendet werden (5000 € sind dabei heraus gekommen!), sowie auch direkt beim Konzert, bei dem Helfer durch die Reihen mit einer Art Klingelbeutel gingen, in den viele Besucher eine Spende warfen.
Wie man am Festival Mediaval sehen kann sind Veranstaltungen in Zeiten der Pandemie durchaus möglich. Es Bedarf eines guten Sicherheits- und Hygienekonzeptes und verständnisvoller und diszplinierter Besucher. Auf dass hoffentlich sich noch mehr Veranstalter trauen und dass zum nächten Festival Mediaval vom 10.-12.09.2020 sich die Lage soweit geändert hat, dass wieder jeder teilnehmen kann. Ohne Auflagen und ohne Mundschutz.
Obwohl, der hauseigene Festival-Mediaval-Mundschutz ist wirklich schick 🙂