Elfenthal Rock-Opera Reichenbach 02.02.2013

Wenn einem auch beim vierten Auftritt einer Band immer noch der Mund vor Staunen offen stehen bleibt, weil man nicht glauben kann was man da zu hören bekommt, dann hat eine Band verdammt viel richtig gemacht. Es ist ein unträgliches Zeichen, dass es sich um eine ganz besonderen Act handelt, den man gerade live erleben kann. Eine solche ist die Band Elfenthal zweifellos. Und zum „Mund offen stehen“ und ungläubigen Kopfschütteln bringt mich jedes Mal aufs Neue vor allem Maite Itoiz mit dieser unglaublichen Stimme. Wie kann eine solch hübsche zierlich kleine Person solch ein Stimmvolumen aufweisen. Natürlich hat sie neben einer unglaublichen Menge an Talent , das ihr von einem musikalischen Vater praktisch in die Wiege gelegt wurde und einer guten Ausbildung auch viel Bühenerfahrung aufzuweisen und so kann sie bis heute auf eine beeindruckende musikalische Biografie blicken. Angefangen von Auftritten mit den bekanntesten klassischen symphonischen Chören Spaniens, als Solistin diverser Klassikalben, als Opernsängerin bis zur „Blue Elf`s Dream“ Produktion. Das Album ist 2008 erschienen und seitdem ist sie zusammen mit Ehemann John Kelly und wechselnden Begleitmusikern immer wieder auch in Deutschland unterwegs. So auch am Samstag im Reichenbacher Neuberinhaus. Und die Reichenbacher können sich wirklich glücklich schätzen, dass die 2 extra nur wegen dem Konzert aus Spanien angereist sind, um die Geschichte von dem blauen Elfen zu erzählen.

Das Neuberinhaus , benannt nach der (1697 in Reichenbach geborenen) ersten großen deutschen Schauspielerin ist eine perfekte Location für die Rockoper, das merkt man spätestens als sich kurz nach 20:00 der Vorhang öffnete und das Bühnenbild mit dem gelungenen stimmungsvollen Foto im Hintergrund sichtbar wurde. Passend zum bescheidenen Wetter der letzten Wochen ist das Bild ein phantastischer fotografischer Beweis dafür, dass die Natur nicht nur bei Sonne schön anzuschauen ist. Und es passt mit seiner Stimmung perfekt zu Elfenthal. Leider saß ich allerdings so ungünstig, dass auf den Bildern sowohl die Mitmusiker, wie auch die Bühnenstimmung kaum zu sehen sind.

Elfenthal ist aber natürlich nicht nur Maite, deren Liebe zum pompösen, zur klassischen Opernmusik bis zum Metal in der Musik vor allem auf sie zurückzuführen ist. Elfenthal ist im gleichen Maße auch Ehemann John Kelly, der mit seinem irischen Einfluss und seiner Liebe zu Balladen und Volksliedern einen wunderbaren musikalischen Gegenpart schafft. Und so ist „The Blue Elf`s Dream“ eine perfekte Mischung aus vielen musikalischen Einflüssen und Stilen vom Symphonic Metal bis zum traditionellen Volkslied geworden . Stets abwechslungsreich, höchst unterhaltsam und für jeden etwas, auch wenn sicher nicht jeder die lautesten und heftigsten Symphonic Metal Parts ala Nightwish so sehr mag wie ich. Apropos Nightwish, es gibt mit der Ex-Sängerin der Band Tarja Turunen eine Sängerin die diese Art Musik zu einem unglaublichen Popularitätsschub verholfen hat und als eine der besten Sängerinnen im Pop/Rockbereich gilt. Sie hat mit Ihrem Abschied bei Nightwish Fußstapfen hinterlassen, die bis heute nicht zu füllen waren. So hat man die Nachfolgerin ja vor einiger Zeit verabschiedet und ist nun wieder schon länger auf der Suche nach einer Stimme für Nightwish. Man sollte mal in Spanien suchen, Maite braucht sich vor Tarja überhaupt nicht verstecken, problemlos kann sie genauso toll und grandios singen, wie am Samstag ein Stück von Puccini. Und so sehr wie ich Symphonic Metal mag, so wenig konnte ich bisher mit Opernmusik anfangen. Am Samstag hat sie mich aber selbst damit fasziniert. Das Puccini-Stück war echt ergreifend, wunderschön und unfassbar beeindruckend anzuhören.Und passte perfekt dazu. Kein Wunder, dass sich John danach im Spaß zur Bemerkung „ich geh jetzt“ hinreissen ließ, während über Maite ein Jubelsturm hereinbrach. Aber das ist natürlich Quatsch, denn „The Blue Elfs Dream“ funktioniert eben gerade auch Dank des Talents des irischen Sängers so toll und so entstehen tiefgreifende Emotionen, soweit der Einzelne im Publikum bereit ist diese auch zuzulassen. Denn Elfenthal ist neben ganz viel Musik, Energie, Phantasie und perfekter Unterhaltung auch ein Plädoyer für die Liebe.

John und Maite kennen sich seit Kindheit, kennengelernt durch die Eltern, ist aus Freundschaft Liebe entstanden, die mit der Hochzeit 2001 gekrönt wurde. Das ist zwar jetzt schon immerhin 12 Jahre her, die 2 sind also schon fast ein altes Ehepaar, aber bei jedem Konzert macht es aufs Neue Spaß zu beobachten wie liebevoll die 2 miteinander umgehen. So wie auch an diesem Abend als John Maite die Haare aus dem Gesicht strich beim Singen, so dass sie fast einen Lachanfall bekommen hätte, oder als er seine Traumfrau mit neuem wunderschönen roten Kleid ankündigte. Da haben sich menschlich und musikalisch zwei gefunden und trotz völlig unterschiedlicher musikalischer Wurzeln, vielleicht auch musikalischen Vorlieben haben sie eine Rockoper geschaffen, die man gesehen haben muss. Wenn man dieser Art Musik aber wenig abgewinnen kann, eher auf ruhige Mittelaltermusik mit hohem historischen Anspruch steht, dann kommt man ebenfalls an Elfenthal nicht vorbei. Denn Elfenthal gibt es bekanntlich auch als „Early Music Ensemble“, völlig anders und auf andere Weise faszinierend anzuhören. Wer mehr darüber wissen will, auch vom Auftritt des „Early Music Ensembles“ gibt es hier einen Bericht und Bilder zu sehen.
Und was die Zukunft bringt deuteten die 2 in Reichenbach auch schon an, als aus der blauen Elfe ein schwarz gekleideter Mann mit weißer Maske wurde. Denn die zwei arbeiten fleissig an einem neuen Werk, das in diesem Jahr noch erscheinen soll und auf das ich voller Ungeduld warte. Und nicht nur ich, sicher auch viele der begeisterten Zuschauer, die die 2 nicht nur einmal mit Standing Ovations feierten und gar nicht mehr von der Bühne lassen wollten. Und die beiden bedankten sich auf ihre Weise, angefangen damit , dass man einige Besucher auf die Bühne holte über diverse Zugaben, bis zu einer ausgedehnten Autogrammstunde mit Fotoshooting nach dem Konzert. Und erst als auch wirklich der letzte sein Autogramm und sein Bild mit Maite oder John schießen konnte war für die beiden das Konzert beendet, nicht ohne vorher noch den Organisatoren Dank zu sagen.

Bendanken müsen sich aber vor allem auch die Besucher für den wunderschönen Abend und die Verantwortlichen in Reichenbach tun wirklich gut daran, Elfenthal, dann mit neuer Show fürs nächste Jahr wieder zu verpflichten. Eine ganz große Zahl der Besucher kommt mit Sicherheit nicht nur gerne wieder, sondern bringt auch noch gleich einige Bekannte mit. Und sicher kommen auch die beiden gerne wieder nach Reichenbach, denn die „Reichenbacher“ geizten wirklich nicht mit Applaus und ich hab selten so eine nette Autogrammstunde mit soviel positiven Reaktionen seitens des Publikums erlebt. Und das haben sich 2 der liebenswertesten Musiker überhaupt auch wirklich verdient.

Maite Itoiz ist aber schon bald wieder in Deutschland zu erleben, diesmal im Rahmen einer Lesung zusammen mit Bernhard Hennen, einem Deutschen Autor für Fantasy -Literatur und historische Erzählungen und Verfasser des Elfenzykluses. Da die Musik von Maite Itoiz ihm unheimlich inspirierte, lag es nahe sie gleich als musikalische Untermalung dem Publikum zu präsentieren. Und da in der modernen Fantasy -Literatur die Elfen oft als feenähnliche Wesen mit feenhaft kleinem Wuchs beschrieben werden, kommt Maite diesem Bild ja doch ziemlich nahe. Auch wenn ich mir immer noch sicher bin, dass sie eher ein menschgewordener Engel ist.
Bernd Sonntag

Anneke van Giersbergen+Kill Ferelli+Frames in Reichenbach

Wenn es einen Beweis dafür bedürfte, dass Vorgruppen sehr oft den Genuss eines Konzertbesuchs noch steigern können, dann ist Kill Ferelli der bestmögliche Beweis. Wie hat es der Wirt des Reichenbacher Bergkellers so schön in der Vorstellung der Band nach dem ersten Lied gesagt :“Die kann was die Kleine“. Das ist wahrlich so. Kill Ferelli sind eine Band, aber die charismatische 24 jährige Kelly Kockelkoren zieht mit ihrer wilden Performance natürlich alle Blicke auf sich. Und zwar wirklich alle, nicht nur die männlichen. Bereits beim ersten Lied zog sie einen in ihren Bann. Da die Bands wie eigentlich sehr oft bei Konzerten üblich einfach anfangen müssen, gab es eine kurze Bandvorstellung durch den Wirt des Bergkellers erst nach dem ersten Lied. Das konnte Kill Ferelli natürlich nicht wissen, dass man sogar herzlich begüßt und vorgestellt wird und dann auch noch mit Sekt und Ständchen, denn Kelly hatte auch noch Geburtstag. Aber normal ist in Reichenbach eh nichts. Da wird eine Kneipe zum Rockschuppen, die Tische fliegen auf die Straße damit Platz für die Zuhörer wird und es gibt launige Ansagen durch den Chef des Hauses. Ich war ja eh schon etwas irritiert, wenn man den Tourplan von Anneke van Giersbergen sieht. Hamburg, Nürnberg, Augsburg, Strassburg, Paris, Madrid, Barcelona, Mailand, Wien , Bratislava, Budapest unter anderem und dann taucht da Reichenbach auf. Mein Erstaunen wurde noch größer als ich die Location dann innen gesehen habe. Vergleichsweise viel Platz hatten die 3 Bands (ca. 1 /3 des Raumes) aufgrund der Enge gibt es aber keinerlei Distanz zwischen Publikum und Musikern. Das ist Rock`n`Roll pur , wie man es wirklich in dieser Art wohl kaum mehr erleben kann. Ein absolutes Erlebnis für Publikum und Musiker und die hatten ihre helle Freude an dem Gig. Das war allen 3 Bands deutlich anzumerken. Das Publikum aber genauso und so werden die Konzerte zu einem denkwürdigen und beeindruckenden Erlebnis für alle Beteiligten, die begeistert von einem großartigen Publikum gefeiert wurden.

Der Bergkeller, Uwe Treitingers Wohnzimmer, hat sich in all den Jahren zum Kultsaal für Prog und Artrock gewandelt. Man muss da einfach mal spielen als Band und dieser schon legendäre Ruf wird von Konzert zu Konzert noch größer. Gerade, wenn es gelingt solche tollen Acts nach Reichenbach zu holen. Hut ab dafür und so werden sicher auch in Zukunft weiterhin die Nightliner vor der Kneipe stehen und sich absolute Topstars aufmachen um das ganz spezielle Feeling Reichenbachs erleben zu können.

Aber zurück zu Kill Ferelli und Kelly Kockelkoren. Wenn man die Musik beschreiben will fallen einen Namen ein wie Evanescence, Melissa Etheridge, Courtney Love oder die Schauspielerin und Sängerin Juliette Lewis. Als Einflüsse gibt die Band selbst die Foo Fighters, Paramore und Jimmy Eat World an, es ist aber mäßig irgendwelche Parallelen in der Musik zu suchen. Viel lieber sollte man sich live selbt ein Bild machen. Und das kann ich jeden nur ans Herz legen. Entweder mit Hilfe der CD A Modern Scenery die vor kurzem erschienen ist, oder noch besser irgendwo live denn einen großen Makel hat die CD schon. Man sieht die Sängerin nicht und das ist wirklich ein ganz besonderer Genuß. Da verwandelt sich das nette Mädel aus Holland auf der Bühne zur Rampensau und gibt Gas ohne Ende und ich hab noch nie jemand gesehen der den Mund so weit aufbringt. Wie wenn sie ihr Publikum verschlingen will und das schafft sie im übertragenen Sinne wirklich. Ein sensationeller Auftritt der den Bergkeller sofort zum Kochen brachte. Der perfekte Support , viel zu kurz eigentlich. Aber vielleicht gibt es ja (hoffentlich) bald ein Wiedersehen in Reichenbach bei einem Solokonzert. Hören wird man von Kill Ferelli sicher noch viel. Und ich wäre am liebsten gleich am nächsten Tag nach Nürnberg gefahren, so beeindruckt war ich von dem denkwürdigen Abend. Aber 4 Konzerte in Folge sind dann vielleicht doch etwas viel, auch wenn es schwer fällt.

Nach den Holländern gab es mit Frames aus Hannover eine der deutschen Progrock Hoffnungen live on Stage. Für mich in zweierlei Hinsicht eine echte Premiere. Nicht nur, dass ich die Band nicht kannte und Progrock nicht gerade die Musik ist, die ich liebe, ich kann mich schon gar nicht mehr erinnern, wann ich zuletzt reine Instrumentalmusik live gehört habe. Denn die 4 Jungs bauen ohne Stimmen ein musikalisches Gebirge auf an diesem Abend. Ein echtes Kopfkino, mal fragil und filigran, dann wieder heftig und dynamisch. Nie langweilig und auch wenn das absolut nicht meine Art von Musik ist, war es wirklich einmal schön anzuhören. Und der perfekte Gegensatz zu Kill Ferelli , ideal auch um etwas runterzukommen, bevor Anneke van Giersbergen den Saal völlig zum überkochen brachte.

Bevor sie loslegen konnte gab es von Uwe aber wieder einiges Wissenswertes zu hören, z.B. das die Türken die besten Schlagzeugbecken bauen. Dann gings aber los mit eine der Stimmen Hollands, Anneke van Giersbergen. Die 1973 in Sint-Michielsgestel geborene Gitarristin und Sängerin war lange Jahre Sängerin der Prog-Rock-Band The Gathering. Vielleicht sogar besser gesagt, sie war „the Gathering“. Nach Ihrem Ausstieg 2007 verfolgte sie unter dem Bandnamen Aqua de Annique eigene musikalische Interessen, weg vom klassischen Prog-Rock hin zum etwas ruhigererem und balladenorientierterem Pop-Rock. 2012 ist sie nun mit Everything is Changing ihrem neuem Album unter eigenem Namen unterwegs und so bildeten die Songs des Albums auch den Schwerpunkt des Programms in Reichenbach. Es ist ihr viertes Album und nach einem akustischem, einem Pop und einer Live-CD hat Everything is Changing von allem etwas. Vor allem rockt die Musik aber gnadenlos und live gleich noch viel mehr. Unglaublich, was die übers ganze Gesicht strahlende Holländerin an diesem so denkwürdigen Abend an Energie Spaß und Freude versprüht. Weder der wie sie so schön sagt „spezielle Club“ noch die extreme Nähe zum Publikum stören sie, im Gegenteil. Man merkt ihr in jeder Minute den Spaß am Tun an wie allen Musikern der Auftritt macht. Der „Wohlfühl-Indie-Rock, wie es der Zillo im April bezeichnete fetzt ohne Ende, Anneke gibt bis zum letzten Ton alles, ein Energiebündel mit Zauberstimme (Zillo) , unterstützt von einer furios aufspielenden Band mit Ehemann Rob am Schlagzeug. Und die Augen strahlen pausenlos, sie lacht übers ganze Gesicht und freut sich mit ihrem Publikum über diesen unvergesslichen Abend, so strahlend dass man es kaum schafft den Blick überhaupt mal von ihr zu lösen.

Deshalb gibt es auch schon während des Konzertes Geschenke. Einer völlig verdutzten Dame drückt sie ein Plektron in die Hand, zwei Mädels werden mit Trommelstücken und alle Besucher mit einem grandiosen Auftritt beschenkt. Ein Star ohne Starallüren, jemand der für die Bühne geboren ist und es perfekt versteht mit dem Publikum zu interagieren, charsimatisch, sympathisch und grandios. Und jeder wünscht sich noch ganz viel mehr davon, doch irgendwann ist leider auch in Reichenbach Schluss. Aber noch lange nicht mit der Tour, also unbedingt Tourtermine checken, für alle die Rock mögen ist das ein Pflichttermin. Und die Herren am Mikrofon können sich bei soviel Frauenpower wie es an diesem Abend bei Kelly und Anneke zu erleben war echt warm anziehen. Aber sowas von warm , von wegen stärkeres Geschlecht.
In der Fotogalerie und unter www.gruftimusik.de gibts Bilder vom Auftritt
Bernd Sonntag